Rezension

Die belastende Welt des Kunstleistungsturnens

Spring! - Maria Knissel

Spring!
von Maria Knissel

Bewertet mit 5 Sternen

Die 40jährige Angelika Maifert war seit dem Kleinmädchenalter erfolgreiche Kunstleistungsturnerin. Erfolge holte sie bei Gau-, Landes-, Europa- und Weltmeisterschaften, bis sie als 16jährige  bei den Olympischen Spielen 1984 einen Sprung verweigerte, der ihr die Goldmedaille gesichert hätte. Dem Kunstturnen entsagt sie seither. Stattdessen betreibt sie eine schlecht gehende Akrobatikschule, in der sie den Mädchen die Freude am Tunen lehren will. Dann kommt die zehnjährige, talentierte Lian in ihre Sporthalle und soll von Angelika bis zur Kunstturnerin trainiert werden. Wird sie wieder in ihr früheres Leben einsteigen?

Dieser Roman gibt einen sehr schönen Einblick in die Welt des Kunstleistungsturnens. Gut recherchiert, vermittelt er auch sportlich nicht so versierten Lesern einen – erschreckenden - Eindruck davon, wie belastend – psychisch und physisch – dieser Spitzensport für junge Mädchen ist, die ursprünglich doch einfach nur Freude an Handstand, Radschlagen und Purzelbaum hatten. Mit ersten Erfolgen sind sie schnell im Hamsterrad eines von Funktionären beherrschten Systems gefangen, das von ihnen immer noch mehr Erfolge verlangt. Die Protagonistin ist ein Beispiel dafür, was es heißt, zunächst als erfolgreiche Turnerin gänzlich in dieses System eingebunden zu sein und sich dann komplett von ihm zu lösen. Ihre Geschichte wird zu einem Stück Vergangenheitsaufarbeitung, in dem weder sie noch ihre Wegbegleiter geschont werden. Das Ganze ist sehr lebensnah und nachvollziehbar erzählt. Spannungssteigernd ist der Aufbau des Romans mit seinen steten Wechseln zwischen Gegenwart und Rückblenden auf Angelikas Turnkarriere. Erst das letzte Viertel bringt eine überraschende Auflösung bzgl. des Erscheinens der kleinen Lian.

Diesen Roman kann ich wärmstens empfehlen, auch nicht an Sport interessierten Lesern.