Rezension

Die Ehe-Pause

Der Sommer ohne Männer - Siri Hustvedt

Der Sommer ohne Männer
von Siri Hustvedt

Bewertet mit 4 Sternen

Mias Mann gönnt sich nach 30 Jahren eine Ehe-Pause. Er verlässt sie für eine jüngere Arbeitskollegin. Mia erleidet einen Nervenzusammenbruch. Nach einer akuten Phase in einer Klinik, beschließt sie für eine Weile die Nähe zu ihrer Mutter, die in einer Seniorenwohnanlage wohnt, zu suchen. Es ist der Sommer ohne Männer, den Mia nutzt, um auch die Freundinnen ihrer Mutter kennenzulernen, um sich in Gesprächen mit ihnen, von ihrem Kummer abzulenken. Außerdem bietet sie an, einen Schreibkurs in ihrer zeitweiligen Heimatstadt zu leiten, zu dem sich auch bald 7 Mädchen melden. Dann ist da noch die junge Familie im Nachbarhaus, die sich ziemlich lautstark streitet und bei denen Mia bald in die Rolle einer Familienhelferin schlüpft. Auch ihre Tochter meldet sich regelmäßig bei ihr und erzählt von Boris, ihrem Vater und Grund für Mias Flucht.
Zwar denkt Mia über ihre Ehe nach, aber ihre Aufmerksamkeit wird auch von den mütterlichen Freundinnen und den Mädchen in ihrem Schreibkurs in Anspruch genommen und bald schon entspinnen sich dort Geheimnisse, die es aufzudecken gilt.

Das schon gewöhnliche Storyboard, Mann geht mit Jüngerer fremd und kehrt irgendwann reumütig zurück, bekommt durch Hustvedts Tagebuchstil einen voyeuristischen Touch, der alle Sinne der geneigten Leserin anspricht, inklusive persönlicher Ansprache, und duch einen tiefsinnigen Humor glänzt. Frau schlägt sich beim Lesen ganz auf Mias Seite, möchte Boris leiden sehen, die Mädchen im Schreibkurs reumütig ihre Schuld bekennen hören, möchte sofort die Geheimnisse in Abigails Handarbeiten entdecken und der Interimsnachbarin in die Eigenständigkeit verhelfen. Eine anonyme SMS-Liaison lässt Spannung aufkommen und weckt die Philosophin in Mia.

Fast schon zu viele Fronten, an denen Mia um Klärung kämpft, möchte man [frau] meinen, aber Hustvedts wundervolle klare Sprache ist jederzeit fokussiert und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass es so und nicht anders geschehen sein könnte. Einzig Mias Bereitschaft, Boris zu vergeben, steht nicht auf meinem persönlichen Geschmackszettel.