Rezension

Die Familienbande des Café Engel

Café Engel - Marie Lamballe

Café Engel
von Marie Lamballe

Bewertet mit 4 Sternen

1951 Wiesbaden. Nachdem der Zweite Weltkrieg kehrt in Deutschland langsam wieder Normalität ein. Das schließt auch das Café Engel im Kurviertel mit ein, denn nach und nach füllt es sich wieder mit Gästen, die sich dort wohl fühlen. Hilde Koch, der das Café Engel gehört, bekommt mit dem Café König unmittelbare Konkurrenz, was sie unter Druck setzt. Es muss unbedingt eine Modernisierung her, damit die Gäste nicht fernbleiben. Aber ihre Eltern sind davon gar nicht begeistert, und ihr Ehemann Jean Luc hat eigene Pläne, die in der Ehe für einigen Zündstoff sorgen. Währenddessen müssen die beiden Koch-Brüder August und Wilhelm erst einmal ihre Kriegserfahrungen verdauen. Gleichzeitig wandern sie auf Freiersfüßen, denn beide haben sich verliebt. Wird es ihnen gelingen, in den Hafen der Ehe einzulaufen, oder macht die Familie ihnen einen Strich durch die Rechnung?

Marie Lamballe hat mit „Café Engel – Schicksalhafte Jahre“ den zweiten Band ihrer Café Engel-Serie vorgelegt, der den Leser nun in die 50er Jahre entführt, um erneut im Café Platz zu nehmen und den Protagonisten bei ihren unterschiedlichen Aktivitäten zuzusehen. Der Schreibstil ist flüssig-locker, die Seiten fliegen dahin, während der Leser sich innerhalb der Koch-Familie bewegt und alles in sich aufsaugt. Mit kleinen Hinweisen aus dem ersten Band füllt die Autorin Erinnerungslücken des Lesers auf, um schnell die Zusammenhänge kombinieren zu können. Die Geschichte wird durch wechselnde Perspektiven der Protagonisten erzählt, so bekommt der Leser einen guten Gesamteindruck über die jeweilige Gedanken- und Gefühlswelt sowie in die jeweiligen Lebenspläne. Die Autorin lässt mit geschickter Hand die Familienmitglieder nebst Anhang miteinander agieren und zeichnet das Bild einer typischen Unternehmerfamilie, wobei die älteren nicht loslassen können und die jüngeren den Kopf voller Pläne haben, alles zu verändern. Natürlich lässt die Autorin den Leser auch diesmal mit den Protagonisten einige Reisen antreten, die sie sehr farbenfroh und bildreich zu beschreiben weiß und die Lektüre zudem kurzweilig wirken lässt, was in diesem Band im Vergleich zum Vorgänger wesentlich besser gelungen ist.

Das Zusammentreffen mit den Charakteren fühlt sich sofort vertraut an, wobei sie sich natürlich aufgrund der Zeitspanne weiterentwickelt haben. Sie wirken realitätsnah und strahlen diesmal mehr Wärme aus. Else ist zusammen mit Ehemann Heinz die graue Eminenz des Cafés, sie lässt sich nicht so gern das Heft aus der Hand nehmen, aber die neue Generation hat andere Vorstellungen, was ihr ganz schön zu schaffen macht. Hilde ist immer noch eine recht unnahbare Frau, die sehr ehrgeizig ist und wenig Rücksicht nimmt auf andere, wenn es um die Ausführung ihrer Vorstellungen geht. Aber dann wieder gibt es Momente, wo sie einem mit ihrer offenen Art und einer Warmherzigkeit regelrecht ans Herz wächst. Auch August, Wilhelm, Jean Luc und einige andere tragen mit ihren Episoden zur Handlung bei und hinterlassen beim Leser ein familiäres Gefühl.

„Café Engel – Schicksalhafte Jahre“ ist ein gelungenes Wiedersehen mit altbekannten Protagonisten sowie der weiteren Entwicklung in Bezug auf das Café vor der Kulisse Nachkriegsdeutschlands. Dieser Band ist wesentlich kompakter und unterhaltsamer als Teil eins, so dass man als Leser nun sehr neugierig auf den Abschluss ist. Verdiente Leseempfehlung für alle, die Familiengeschichten vor historischer Kulisse lieben.