Rezension

Die feine französische Gesellschaft

Die Schuld der anderen - Gila Lustiger

Die Schuld der anderen
von Gila Lustiger

Inhalt
Vor fast 30 Jahren ist in Paris eine Prostituierte ermordet worden. Emilie Thevenin ist Studentin an der Sorbonne, die sich neben dem Studium etwas Geld dazu verdienen wollte. Als Täter wird der Bankangestellte Gilles Neuhart überführt. Er soll Emilie vergewaltigt und mit einem Nylonstrumpf erdrosselt haben, was nun durch die Techniken der DNA-Analyse zu Tage kommt.  Der Redakteur Marc Rappaport geht der Sache nach und beginnt mit seinen Recherchen. Diese fördern nicht nur etwas über das Leben von Täter und Opfer zutage, sondern ziehen auch weitere Kreise. Bald geht es nicht mehr nur um Emilie und Gilles, sondern um einen großen Skandal.

Meine Meinung
Gila Lustiger präsentiert mit ihrem Roman ein Gesellschaftsporträt Frankreichs in den 80er Jahre. Dabei gilt ihr Augenmerk denen, die am Rand stehen. Bei den Ermittlungen von Marc Rappaport geht es nicht nur um Mord, sondern um ein Gefüge aus Korruption, Gewalt und unlauteren Machenschaften.

Marc ist der Enkel eines steinreichen jüdischen Geschäftsmanns aus Paris und Journalist aus Leidenschaft. Er schreibt für die von seinem Freund Pierre geleitete Zeitung Reportagen, die schon manchen politisch-gesellschaftlichen Skandal aufgedeckt haben. Wer Marc zum Freund hat, hat es nicht leicht, da er gerne Grenzen überschreitet. Auch eine Beziehung mit ihm zu führen, gestaltet sich schwierig, da er kaum Nähe zulässt. Dennoch war er mir sympathisch, weil er den Finger gerne in die Wunde legt und nicht zur Ruhe kommt, bis er nicht auch noch das letzte Puzzle-Teil an den richtigen Platz gesetzt hat. 

Die Geschichte um das Mordopfer Emilie führt Marc raus aus Paris in die französische Provinz. Dort geht er einer vielversprechenden Spur nach, die ihn Stück für Stück tiefer in die französische Gesellschaft hineinschlittern lässt, bis er etwas aufdeckt, was ihm den Atem raubt und verdeutlicht, dass er persönlich involviert ist. Die Autorin enthüllt nach und nach einen Teil des Gesamtbildes, welches man in Gänze erst auf den letzten Seiten sehen kann. Und dieses Gesamtbild hat mich tief beeindruckt zurück gelassen. Geld regiert die Welt, auch wenn das Ergebnis noch so erschütternd ist.

Fazit
Gila Lustiger hat mit "Die Schuld der anderen" einen nicht nur unterhaltsamen, sondern auch spannenden Roman geschrieben. Hervorragend recherchiert, mit facettenreichen Charakteren und der Botschaft, dass nicht Gewalt, sondern Mut dazu gehören, um für Gerechtigkeit zu sorgen. Zumindest so viel Gerechtigkeit, wie es unsere Welt zulässt.