Rezension

Die jüngste Tochter

Die jüngste Tochter -

Die jüngste Tochter
von Fatima Daas

Bewertet mit 5 Sternen

Gleich der Autorin heißt die innerlich zerrissene Protagonistin in Fatima Daas autofiktionalem Debütroman "Die jüngste Tochter". Sie ist Französin mit algerischem Background und die Jüngste dreier Töchter. Fatima wächst im Pariser Banlieue Clichy-sous-Bois auf, ist praktizierende Muslima und angehende Autorin, doch sie hadert immer wieder mit ihrer Rolle im streng islamischen Weltbild ihrer Familie; Unter anderem liebt sie Frauen, ist sogar polyamorös - und sündigt aus islamischer Sicht damit gleich doppelt. Also versucht sie sich mit äußerlichen Zuschreibungen und Erwartungshaltungen Anderer zu identifizieren, traut sich nicht so richtig, zu sich selbst zu stehen. Und so versteckt Fatima ihre eigene Identität unter einem schützenden Gerüst aus Lügen, und versucht zeitgleich den Grat einer guten Tochter und einer selbstbestimmten Frau zu überwinden.

Ich machs kurz, ich habs in einem Rutsch gelesen und geliebt, der sehr originelle, repetive Schreibstil ist klar und flott zu lesen, entwickelt einen tollen Rhythmus und einen unheimlichen Sog. Das Buch, aus dem französischen von Sina de Malafosse übersetzt, wurde 2021 zurecht mit dem Internationalen Literaturpreis ausgezeichnet. Fatima Daas erzählt von Einer, die zwischen den Stühlen sitzt. Einer, die sich im Spannungsfeld islamischer Zugehörigkeit und dem Streben nach Selbstverwirklichung befindet. Einer, die mit dem Spagat zwischen Identität, Herkunft und religiöser Moralvorstellungen zu kämpfen hat. Leseempfehlung!