Rezension

Die problematische Liebesbeziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch

Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe -

Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe
von Bettina Storks

Bewertet mit 5 Sternen

Faszinierendes Buch in literarischer Qualität über die problematische Liebesbeziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch

Natürlich kenne ich die Namen Ingeborg Bachmann, Max Frisch, Paul Celan und auch die von einigen ihrer Werke, aber mehr nicht, z.B. ihre Beziehungen untereinander. Und genau darüber erfährt man in diesem Buch eine Menge, spannend und tiefgründig erzählt, in gehobener, kreativer Sprache, mit klugen Sätzen, die natürlich teilweise von Bachmann oder Frisch selbst stammen. (Hinten gibt es einen Zitate-Nachweis und ein weiterführendes Literaturverzeichnis.)

Dieses Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Es zeigt einen Ausschnitt aus beider Leben, die Jahre ihrer Liebesbeziehung. Es ist zwar eine fiktive Erzählung, aber sie beruht auf einer fundierten Kenntnis der Materie, auf Briefwechseln und Sekundärliteratur.

1958 lernt die charismatische 32-jährige, von Männern umschwärmte Lyrikerin Ingeborg Bachmann in Paris den 15 Jahre älteren Schweizer Dramatiker und Schriftsteller Max Frisch kennen. Beide stehen auf dem Höhepunkt ihres Erfolges und sind in der Literaturwelt bekannt, Sie verlieben sich, obwohl sich Ingeborg Bachmann gerade von ihrem Geliebten Paul Celan getrennt hat.

Im Folgenden kommen sie immer abwechselnd zu Wort und wir Leser lernen ihre Charaktere und ihre Beziehung in einer Art innerer Monolog gut kennen. Obwohl Ingeborg zweifelt, wagt sie es und zieht von München, wo sie sich nie wohl gefühlt hat, zu Max nach Zürich. Aber auch hier kommt sie nicht an und fühlt sich ruhelos. Zu verschieden sind ihre Charaktere und ihre Arbeitsweise, obwohl sich im Inhalt ihres Schreibens durchaus Berührungspunkte ergeben und sie sich für die Arbeit des anderen interessieren.

Ingeborg ist eine 'Traumwandlerin', die viel zweifelt und ihre Freiheit braucht. 'Sie gehörte nur sich selbst.' In der Öffentlichkeit will sie nicht mit Max gesehen werden, um nicht zu viel Privates preiszugeben, was sie ohnehin in ihrer Lyrik tut. Sie führt einen regen Briefwechsel mit männlichen Literaten der Zeit (Celan, Grass, Enzensberger u.a.) und bekommt täglich einen Packen Post. Das ist Max, der krankhaft eifersüchtig ist, ein Dorn im Auge.

Er ist ein ganz anderer Mensch als Inge, braucht einen geregelten Tagesablauf und Ordnung, schreibt täglich diszipliniert, während Inge sehr lange schläft und auf Inspiration wartet. Das ist einer der problematischen Punkte. Sie erlebt seine Produktivität, fühlt sich selber aber leer. Da hilft es auch nicht, dass sie in Inges Herzensheimat umziehen, nach Rom. Auch dort schaffen sie es nicht, sich im Alltag einzurichten und den Zauber des ersten Verliebtseins in den Alltag zu übertragen. Auch dort neigt Inge dazu, sich Max zu entziehen, der sich dadurch alleingelassen fühlt.

'Ohne dich ist es die Hölle. Mit dir Himmel und Hölle zusammen.' (215)

Dazu kommen weitere problematische Punkte. Ihr ehemaliger Geliebter Celan hat Plagiats- und sonstige Probleme und erwartet Rat von Inge. Sie versucht alles, scheitert aber letztlich, eine Angelegenheit, die ihrer Beziehung zu Max nicht gut tut.

'Sie wirft sich das Leid der Welt, auch das ihrer Freunde über wie einen Mantel, schwer wie Blei lastet er auf ihren Schultern. (101)

Dass dies alles nicht gut gehen kann, ahnt man als Leser schon und auch, wenn das weitere Leben der beiden vielen bekannt ist , will ich nichts weiter darüber verraten.

Noch ein paar nachdenklich machende und sprachkreative Sätze:

Für etwas Altes musste man immer etwas Neues hinter sich lassen. (54)

Die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler. Das Unheil wuchert weiter in den Köpfen der Menschen. (73)

Man muss sich abgrenzen, manchmal ist das die einzige Möglichkeit, um diese Welt auszuhalten. (264)

Der bevorstehende Abschied vom Süden legte sich wie eine schwere Glocke über ihre Zweisamkeit. (59)

Ein sehr lesenswertes unterhaltendes und informatives Buch.