Rezension

Die Risiken ultraverarbeiteter Nahrung

Dumm gegessen! -

Dumm gegessen!
von Hans-Ulrich Grimm

Bewertet mit 4 Sternen

„Wie uns die Nahrungsindustrie um den Verstand bringt“ lautet der provokante Untertitel des Buches, der gleich mein Interesse weckte. Die Menschen werden immer älter, aber das menschliche Gehirn schrumpft und ist heute weniger leistungsfähig. Es altert sogar schneller als in früheren Zeiten, warnen neueste wissenschaftliche Untersuchungen. Die geistige Performance lässt nach, es steigt die Gefahr, an Alzheimer und Demenz zu erkranken und schon bei den Schülern lässt die geistige Leistungsfähigkeit seit 1999 immer mehr nach. Der entscheidende Grund dafür ist unsere Ernährung, sagt der Nahrungskritiker Dr. Hans-Ulrich Grimm, der seine jahrelangen Recherchen in der Welt der industrialisierten Nahrungsmittel bereits in zahlreichen Bestsellern präsentiert hat.

In seinem neuen Buch hat er Wissenswertes aus mehreren neuen Forschungsdisziplinen zusammengetragen, die sich mit dem Gehirn beschäftigen, zum Beispiel die Hirnernährungswissenschaft (Nutritional Neuroscience), bei der es um die Ernährung des Gehirns ganz generell oder die Ernährungspsychiatrie (Nutritional Psychiatry), bei der es um die Folgen der Nahrung für die Psyche, das Verhalten und den Charakter geht. Hans-Ulrich Grimm zeigt, wo die Gefahren lauern.

Es fehlt an hirnwichtigen Nährstoffen, dafür gibt es eine Flut neuer Schadstoffe, Chemikalien, Zusatzstoffe und auch mehr Zucker, mehr Salz und dazu völlig neuartige Problemstoffe, die durch die industrielle Produktion überhaupt erst entstehen. Der entscheidende Punkt ist, ob das herrschende Ernährungssystem die Versorgung des Gehirns begünstigt und die grauen Zellen schützt – oder sie schädigt. Die Probleme entstehen erst durch die Extrempraktiken der Lebensmittelkonzerne, durch die eigens konstruierte ultraverarbeitete Nahrung, für die es oft nicht einmal ein Vorbild in der Natur gibt – und durch ihren wachsenden Anteil an der Versorgung.

Hans-Ulrich Grimm erklärt, was manche Stoffe fürs Gehirn problematisch werden lässt, wozu sie eingesetzt werden und wie sie in der Zutatenliste gefunden werden können. Dabei macht er auch nicht davor halt die Lebensmittelkonzerne und deren Produkte zum Teil namentlich zu benennen. Fast beschleicht einen beim Lesen das schlechte Gewissen, weil man vieles einfach kennt und vielleicht sogar gern konsumiert hat. Und als hätte man es nicht längst geahnt, bekommt man nun schwarz auf weiß bestätigt, dass man sich damit nichts Gesundes gegönnt hat.

Aber der Autor schafft es die Dringlichkeit eines Umdenkens zu vermitteln. Nötig ist eine umfassende Ernährungswende, auch ein Paradigmenwechsel bei der Bewertung von Nahrung, ein neuer Begriff von Lebensmittelsicherheit, der auch den Grad der industriellen Verarbeitung als Risikofaktor anerkennt. Das Beste ist und bleibt halt selbst zu kochen, frisch und regional, nach Jahreszeiten, „viel Obst, viel Gemüse, ein bisschen Fleisch, etwas Fisch, wenig Zucker, keine Chemie, also kein Fast Food, keine Fertiggerichte, keine Softdrinks. Frisch zubereitet, hohe Qualität bei den Rohstoffen, glückliche Tiere.“

Das klingt nicht nach umwälzenden neuen Erkenntnissen und doch habe ich viel Bemerkenswertes und auch einiges Neue in dem Buch erfahren können, so dass ich es Lesern empfehlen kann, die sich für die Thematik interessieren.