Rezension

Die Thalmeyer-Schwestern

Die Porzellanmanufaktur — Zerbrechlicher Frieden -

Die Porzellanmanufaktur — Zerbrechlicher Frieden
von Stefan Maiwald

Die Thalmeyer-Schwestern

„Das Leben ist nicht nur Porzellan, weißt du?!“ (Sophie Thalmeyer)

Nachdem Joachim, der älteste der Thalmeyer-Geschwister, in Russland als verschollen gilt, erschüttert auch noch der plötzliche Tod des sechzigjährigen Firmeninhabers Ludwig Thalmeyer die Familie. Während die älteste Tochter Marie die Leitung der Porzellanmanufaktur übernimmt, sorgt ihre ungestüme jüngere Schwester Sophie dafür, dass Marie neben ihrer verantwortungsvollen neuen Aufgabe auch noch ein Privatleben hat. Die beiden Schwestern setzen sich mit vereinten Kräften dafür ein, das traditionsreiche Familienunternehmen nicht zu verlieren. Sie müssen einerseits private und berufliche Niederlagen hinnehmen, begegnen auf ihrem Lebensweg aber auch der Liebe sowie Menschen, die es gut mit ihnen meinen.

Stefan Maiwald siedelt die Geschichte über die Thalmeyersche Porzellanmanufaktur in Selb im Jahre 1947 an. Der Schrecken des Zweiten Weltkriegs überschattet immer noch das Leben der Menschen, die den schmerzlichen Verlust geliebter Angehöriger betrauern und sich dem Wiederaufbau ihrer Heimat widmen. Mit Marie Thalmeyer schuf der Autor eine intelligente und besonnene Protagonistin, die nach dem Tod ihres Vaters mit wohlmeinenden Nebenfiguren an ihrer Seite die Geschicke der Manufaktur lenkt. Das Buch erzählt von geschäftlichen wie auch privaten Ereignissen im Leben der Thalmeyers, bringt Intrigen konkurrierender Geschäftsleute ins Spiel und beleuchtet die Beziehungen der handelnden Figuren zueinander. Die insgesamt 62 Kapitel dieses Buches sind übersichtlich angeordnet, der Autor richtet seine Aufmerksamkeit abwechselnd auf verschiedene Personen und Schauplätze. Die Spannung wird durch die Neugier auf die Handlung aufrechterhalten, authentische Figuren und ein interessanter Plot sorgen für unterhaltsame Lesestunden.

Marie steht als älteste Tochter und neue Firmenchefin im Zentrum des Geschehens. Durch ihr aristokratisches Äußeres und ihr zurückhaltendes Wesen umgibt sie eine geheimnisvolle Aura, die Ortsbevölkerung bezeichnet sie respektvoll als „Porzellankind“. Während Marie sich intensiv mit den Firmengeschicken befasst, ist ihr die um vier Jahre jüngere Schwester Sophie trotz ihrer ungezähmten und frechen Art wertvolle Unterstützerin und Ratgeberin. Der in Russland verschollene Sohn der Familie Thalmeyer wird als begabter Musiker und begeisterter Pianist beschrieben, Marie und Sophie vermissen ihren Bruder schmerzlich. Mit dem stellvertretenden US-Militärgouverneur John McNarney, dem Apotheker Harry Kruskopp und dem dreisten Charmeur Ottmar Schreiner betreten drei für die Handlung relevante Akteure den Schauplatz. Als Antagonisten machen der Papierfabrikant Karl Metsch und seine Ehefrau Alexandra den beiden Schwestern das Leben schwer. Das Dienstmädchen Lina sowie die Näherin Frau Helgard haben zwar nur kleine Nebenrollen inne, ihr Verhalten hat jedoch Auswirkungen auf das Geschehen in Selb. Walter Willemsen sowie Volkmar Raudinger blieben mir jedoch bis zuletzt ein Rätsel. Zunächst ausführlich beschrieben und mit guter Charakterzeichnung ausgestattet werden die Geschicke der beiden im Buch irgendwann nicht mehr weiterverfolgt. Ich vermute daher, dass wohl erst in einem der Nachfolgebände näher auf diese Figuren eingegangen wird.

Mir hat sowohl die sprachliche, als auch die inhaltliche Umsetzung dieses Romans gefallen. Der Autor besitzt einen einnehmenden Schreibstil, die Einbindung historischer Fakten und Ereignisse empfand ich als bereichernd. Speziell die Geschichte der großen Schuhfabrik Dassler, deren Spaltung auf einen Bruderzwist begründet ist, war mir bislang unbekannt. Stefan Maiwald ist es gelungen, dem Leser die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg sowie die Sorgen und Nöte, das Leben der Menschen in dieser Zeit, nahezubringen. Der Autor hat mir die Geschicke der Thalmeyers ans Herz gelegt und weckte darüber hinaus durch den Cliffhanger auf den letzten Seiten meine Neugier auf die beiden Nachfolgebände.

Abschließend möchte ich auf das beeindruckende Buchcover hinweisen, welches durch das aussagekräftige Foto eines zerbombten Stadtbildes im Hintergrund, eine geheimnisvolle, dem Betrachter abgewandte Frau in blauem Umhang sowie zwei wunderschöne Porzellantassen punktet. In einer Buchhandlung hätte ich allein aufgrund dieser Optik den Roman unverzüglich zur Hand genommen und mich in den Klappentext vertieft.

FAZIT: „Zerbrechlicher Friede“ hat mir großes Lesevergnügen bereitet und ich kann diesen ersten Band der Trilogie um die Porzellan-Manufaktur der Familie Thalmeyer wärmstens weiterempfehlen. Vier Bewertungssterne für diese unterhaltsame und interessante Lektüre!