Rezension

Die Wanderhure wandert weiter...

Die List der Wanderhure - Iny Lorentz

Die List der Wanderhure
von Iny Lorentz

Was man von dem Autorenehepaar Lorentz zu erwarten hat, ist bekannt: Eine abenteuerliche Geschichte, angesiedelt in der Vergangenheit, meist mit einer starken Frau, etwas Liebe aber kaum Sex, und natürlich ein Happy End. Wem dieses Schema gefällt, der wird auch in diesem Buch gut bedient: Der Kassenschlager, die "Wanderhure", findet hier eine Fortsetzung.

Natürlich gibt es auch reichlich Gründe, weshalb einem diese Bücher missfallen können: Der historische Hintergrund mag zwar mit den Namen der Mächtigen korrekt sein, doch das Leben und seine Bedingungen zur damaligen Zeit werden nicht detailliert geschildert und können so nicht lebendig werden. Das Abenteuer ist hier eine Quest, die Suche nach einem Schatz, die sich ähnlich wie bei Dan Brown als Schnitzeljagd von einem Hinweis zum nächsten gestaltet. Leider gibt es kaum Möglichkeiten für den Leser, selbst bei den Hinweisen zu raten und so aktiv mit dabei zu sein. Dass es auch in früheren Zeiten starke Frauen gab, ist unbestritten; es mag auch partnerschaftliche Ehen gegeben haben. Doch dass eine Frau im Gespräch mit einem Oberen Wortführerin ist und ihr Mann danebensteht, ist unglaubwürdig. Die Charaktere sind entweder idealisiert (so ist Marie nicht nur klug, sondern auch schön und kann im Notfall auch kämpfen) oder aber sie werden nur mit wenigen Eigenschaften beschrieben und bleiben eindimensional und blass; trotz fast 700 Seiten gibt es kaum Entwicklung der Persönlichkeiten. Auch woher der Titel des Buches rührt, hat sich mir nicht erschlossen: Die "List" spielt nur eine untergeordnete Rolle und ist sicherlich nicht der Höhepunkt. Hier werden wohl kommerzielle Gründe den Ausschlag gegeben haben, denn die "Wanderhure" musste vermutlich im Titel auftauchen, um auf den ersten Blick die Verbindung zu den Bestsellern herzustellen.

All dies zusammengenommen muss ich zugeben, dass mich dieses Buch dann doch amüsiert hat. Dies allerdings nicht ganz im Sinne der Autoren: Ich habe mich amüsiert über die vorhersehbare Handlung, über die Häufung von Klischees und über die gestelzte Sprache. Als Parodie hat das Buch für mich Unterhaltungswert. Aber: Die Geschmäcker sind verschieden, und so wird es sicherlich viele Leser geben, die sich über ein Wiedersehen mit der Wanderhure, ihrer Familie und ihren Freunden freuen.