Rezension

"Die Welt stirbt wieder und wieder ..."

RAG MEN - Rocky Alexander

RAG MEN
von Rocky Alexander

Bewertet mit 4 Sternen

Colin Ross, ein gutmütiger Boxtrainer im Städtchen Wenatchee, hat seinen Lebenswillen beinahe verloren, nachdem seine Frau einem sich rasant ausbreitenden Virus zum Opfer gefallen ist. Über das Qilu-Virus ist wenig bekannt, nur dass es aus der Region des Gelben Flusses in China stammt und absolut tödlich ist. Die Infizierten verhalten sich wie tollwütige Tiere und sind auch durch gezielte Kopfschüsse nur schwer auszuschalten.
Sich dieser immer näher rückenden Gefahr bewusst, beschließt Colin, die Stadt zu verlassen bevor sie von den Infizierten überrannt wird, um sich in der abgelegenen Berghütte seines Onkels zu verschanzen. Der junge und naive Andre, einer seiner Boxschüler, der in Colin eine Art Vaterfigur sieht, begleitet ihn. Der beschwerliche Weg zur rettenden Hütte im eisigen Winter wird zur einzigen Überlebenschance für die Beiden. Können sie der Gefahr rechtzeitig entkommen?

Leseeindruck:

Zunächst ein paar einleitende Worte zu dem hervorragend gelungenem Cover: Phänomenal und ein absoluter Eye Catcher!
Durch dieses Cover bin ich erst auf das Buch aufmerksam geworden. Michael Schubert hat hier ganze Arbeit geleistet.

Und nun zum Buch: Alexander hat einen spannenden und wie ich finde etwas anderen "Zombieroman" geschrieben, denn die Infizierten und deren Angriffe spielen hier zwar eine Rolle und sind auch furchteinflößend, doch sind sie nicht dominierend. Vielmehr konzentriert sich Alexander auf die drei Handlungsstränge, die zunächst in keinem näheren Zusammenhang zu stehen scheinen:
Da gibt es zum Einen Colin Ross, der den Verlust seiner Frau Monica nur schwer verkraften kann und schon zu Beginn des Buches, seinen Freitod umzusetzen versucht. Doch das Schicksal hält einen anderen Weg für ihn bereit. Colin ist ein sympathischer, gutmütiger und nachdenklicher Mann, der aber auch hart und zielorientiert sein kann, wenn es darauf ankommt. Er hinterfragt sein Tun und Denken, hat gesunde Moralvorstellungen und ist so ein durch und durch angenehmer Protagonist.

"Doch nun, da die Kacke richtig am Dampfen ist, muss ich feststellen, dass nicht die Härte meinen Fortbestand soweit garantiert hat, sondern die Bereitschaft, anderen Schaden zuzufügen, um meine eigenen Interessen durchzusetzen. Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich davon halten soll, und fühle mich in der Rolle des Bösewichts nicht sonderlich wohl." (Zitat, Kapitel 27)

Ihm zur Seite steht der junge, naive und etwas dümmlich wirkende Andre, kurz Dre. Colin nimmt sich seiner an, weil er so ist wie er ist und deshalb nicht anders kann. Und so kommt es, dass die beiden sich gemeinsam auf den beschwerlichen Weg durch die Apokalypse machen.

Der zweite Handlungsstrang beschäftigt sich mit Rooster, einem gewalttätigen Verbrecher wie er im Buche steht. Er ist skrupellos und sadistisch, durch und durch böse. Auf seinem persönlichen Rachefeldzug durchs Land hinterlässt er eine blutige Spur.

Im dritten Strang, der in der Vergangenheit angesiedelt ist, erleben wir die Tortur einer Mutter und ihrer zwei Söhne, die durch häusliche Gewalt ihre ganz eigene persönliche Hölle erleben.

Rocky Alexander steigert sein Erzähltempo im Handlungsverlauf und legt sein Hauptaugenmerk auf die persönlichen Umstände seiner Charaktere. Dadurch wirken die Protagonisten Colin und Rooster sehr plastisch und tragen den Leser durch die Handlung. Nebenfiguren wie Andre oder Mickey hingegen bleiben leider etwas blass. Angenehm ist, dass der Autor nicht an überzogen dargestellten Splatterszenen mit den "Zombies" interessiert ist, was aber nicht heißt, dass es unblutig zugeht. Die Dosierung stimmt hier einfach.

Roosters Kreuzzug ist meiner Meinung nach am besten gelungen. Diese Parts fand ich durchgehend spannend. Eine Reise in die Abgründe der menschlichen Psyche - faszinierend und abstoßend zugleich.

Längen gibt es bei diesem hardboiled Thriller zu keiner Zeit und man fliegt förmlich durch die Seiten. Hilfreich dabei: Der einfache Schreibstil (zugegeben keine hohe Schreibkunst) der es auf den Punkt bringt.
Das Ende vor dem Ende kommt rasant und weiß zu überraschen - ich war schockiert. Gut gemacht Mr. Alexander, ich weiß nicht, ob ich Sie dafür lieben oder hassen soll.
Allerdings hatte ich auch das Gefühl, dass der Autor nach anfänglichem langsamen Einfinden in die Story hier etwas zu schnell zum Ende kommen wollte. Und dabei hätte der Showdown für mein Empfinden durchaus mehr Ausbau verdient.

Fazit:

"Rag Men" (deutsch: "Lumpensammler") ist ein rasanter und kurzweiliger hardboiled Thriller im Endzeitgewand, der spannend und temporeich erzählt wird, interessante Charaktere bietet und das "Zombiethema" nicht neu aber erfrischend anders behandelt.
Lesenswerte 4 von 5 Sternen - bitte mehr davon.