Rezension

Die Wölfe in unserem Herzen

Tell The Wolves I'm Home - Carol Rifka Brunt

Tell The Wolves I'm Home
von Carol Rifka Brunt

Bewertet mit 4.5 Sternen

1987: June Elbus ist vierzehn und eine Außenseiterin mit Faible für das Mittelalter. Verstanden fühlt sie sich nur von ihrem Onkel Finn, einem berühmten Künstler, der ihr historische Orte in New York City zeigt, sich mit ihr Mozarts „Requiem“ anhört und mit dem sie über alles reden kann, vor allem seit sie sich von ihrer zwei Jahre älteren Schwester Greta entfremdet hat.
Doch Finn hat AIDS und seine Lebenssituation sowie die Krankheit wird in Junes Familie totgeschwiegen. In den letzten Wochen vor seinem Tod malt Finn ein Portrait von June und Greta, das er den beiden vermacht.
Aber Finns Vermächtnis an June geht noch weiter, denn eines Tages nimmt Toby zaghaft mit ihr Kontakt auf. Er war Finns Lebensgefährte, den ihre Familie nie kennengelernt hat, weil ihre Mutter behauptet, dass er Finn die „Krankheit“ absichtlich gegeben hat.

Zwischen June und Toby entsteht nach und nach eine Freundschaft, die bewirkt, dass June sich ihrer Gefühle zu Finn bewusst wird und die ihr hilft, die Geschehnisse zu verarbeiten.

Carol Rifka Brunt hat in ihrem Debütroman nicht nur das Thema AIDS aufgenommen, dass in den 80er Jahren kontrovers diskutiert und behandelt bzw. totgeschwiegen wurde. Doch ihre Geschichte geht über das Thema hinaus, es geht auch um die Beziehung zwischen Geschwistern, Freundschaft, Familie und erwachsen werden.

All das schildert die Autorin in einem wunderbaren Schreibstil mit einem guten Anteil Symbolik, der mich an John Green erinnert.

Auch die Charaktere sind authentisch und greifbar gezeichnet. Die Beziehung zwischen den beiden Schwestern gefiel mir fast noch besser als die zwischen Toby und June. Vor allem, wie die beiden über das Gemälde kommunizieren, war eine fantastische Idee der Autorin.

Mit June konnte ich mich sehr gut identifizieren, da sie mir gedanklich und charakterlich sehr ähnlich ist. Wenn mir auch ihre Eifersucht auf Toby und ihre Beziehung zu Finn anfangs merkwürdig übertrieben vorkamen, so ergab am Ende doch alles einen Sinn. Überhaupt fügen sich viele Einzelheiten am Ende zu einem harmonischen Ganzen, so dass mir „Tell the Wolves I'm home“ noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Zuletzt bleibt eine Frage: Warum wurde dieser wunderbare Roman bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt????