Rezension

Dieser Countdown konnte mich nicht fesseln

Die Erfindung des Countdowns -

Die Erfindung des Countdowns
von Daniel Mellem

Daniel Mellem erzählt in seinem Debüt von dem - im Schatten von Wernher von Braun bekannten, aber eigentlich dessen Vorbild - immer wieder über sein Leben hinweg scheiternden Raketentüftler Hermann Oberth. Die Geschichte wird dabei beginnend mit der Kindheit Oberths durch elf Kapitel von Zehn bis Null chronologisch erzählt und vermittelt der Leserin hauptsächlich die vielen Wege des Scheiterns, die Oberth in deinem beruflichen wie privaten Leben genommen hat.

Das solide geschriebene Buch lässt sich flüssig herunterlesen. Leider schafft es Mellem nicht in seinen Betrachtungen der Karriere Oberths wie auch dessen Ehe einen Spannungsbogen aufzubauen. Einen Countdown verbindet man ja gern mit ebendieser steigenden Spannung. So verpufft der Roman leider auf mehreren Ebenen zu einem Fehlstart. Schon die im Klappentext gesetzte Prämisse, dass mit der Entwicklung einer Mondrakete auch moralische Entscheidungen bezogen auf die mögliche Verwendung im Militär als ethisch-moralische Abwägung den Wissenschaftler betrifft, findet im Roman nicht statt. So heißt es Zitat: "Als Hermanns Forschung in den 1930er Jahren das Interesse der Nazis weckt, stellt sich beiden [Hermann und seiner Ehefrau Tilla] mit voller Wucht die Frage nach der eigenen Verantwortung." Hier stellt sich, wenn überhaupt Tilla die Frage nach der psychischen Gesundheit ihres Mannes, nach dessen mehrfacher, selbst bis in die 60er hinein stattfindender Anbiederung an die Nazis. Die psychologischen Hintergründe und die Entwicklung der Person Hermann bleibt leider an der Oberfläche. Die Figuren dieses Romans bleiben durchgängig flach. Nie hatte ich das Gefühl mit Hermann im Labor am Konstruktions- oder am Esstisch zuhause zu sitzen. Dadurch konnte mich der Roman auch leider nicht fesseln. Die Frage um die Verantwortung der Wissenschaft scheint mir letztlich nicht ausreichend genug beleuchtet zu werden.

So bleibt für mich letztendlich von einem zwar äußerlich ansprechenden Buch mit einem theoretisch interessanten Thema leider nicht viel mehr übrig als ein dahinplätscherndes Leseerlebnis ohne die Wucht einer Rakete.