Rezension

Dr. May ermittelt

Der beste Freund des Mörders - Stefan Valentin

Der beste Freund des Mörders
von Stefan Valentin

Bewertet mit 5 Sternen

Der Veterinär Dr. Arnfried May lebt in Aschaffenburg, in einem alten Haus das mit Efeu bewachsen ist wohnt und praktiziert er. Nahe der ehemaligen Fasanerie, die inzwischen in einen öffentlich Park umgewandelt wurde. Seit der Scheidung von seiner Frau, die mit den gemeinsamen Töchtern in eine Wohnung gezogen ist, ist es einsam in dem alten Haus. In einem Haus, das seine eigenen Geräusche hat, die May alle nur zu gut kennt.

Die gute Seele der Praxis ist Olga, die sich von der Putzfrau zu  einer patenten Helferin gemausert hat. Sie ist die helfende Hand und assistiert May, kümmert sich um die Anmeldung und hat ein Händchen für die Tiere.

May ist Tierarzt mit Leib und Seele, sein Beruf ist eher Berufung. So ist es nicht verwunderlich dass er auch zu nachtschlafender Zeit seine Praxis öffnet und Notfälle empfängt oder spät abends noch Hausbesuche macht. Als  in der Umgebung der Fasanerie mehrere Hunde spurlos verschwinden, ist May alarmiert. Einer der Hunde war Patient in seiner Praxis, kurze Zeit später wird er tot am Straßenrand aufgefunden, anscheinend angefahren.

May hat Gelegenheit den Hund zu untersuchen und macht sich  seine  Gedanken. An einen Unfall kann er nicht so recht glauben. Zeitgleich wird im Tierheim eingebrochen und eine größere Menge an Betäubungsmitteln entwendet, von den Tätern keine Spur. Als die 6-jährige Marlene verschwindet, ein kleines Mädchen das täglich in Mays Praxis kommt um ihre kranke Taube zu füttern, keimt im May ein schrecklicher Verdacht......

Nach der Leseprobe war mir klar, dass der Krimi genau meinem Geschmack entspricht. Da ich noch nie einen Krimi gelesen habe, in dem ein Tierarzt Protagonist ist, war ich schon sehr gespannt und konnte es kaum erwarten, mit lesen anzufangen.

Hier stimmt von Anfang an das Feeling, man gleitet langsam in die Geschichte und kann sich in aller Ruhe mit den Personen vertraut machen. Der Autor schreibt detailliert,  mit viel Gefühl und sehr stimmungsvoll.  Menschen, Umgebungen, Gerüche erwachen zum Leben. Es ist Frühling, alles blüht, die Menschen genießen die ersten Sonnenstrahlen und die Stimmung ist heiter und gelöst.

Als Leser kann man Dr. May bei der Behandlung seiner tierischen Patienten über die Schulter schauen. Ob Hund, Kaninchen oder Vogel, alle Tiere werden von ihm liebevoll und mit Fachwissen behandelt. Er kümmert sich ausnahmsweise sogar um Schlangen, die eigentlich nicht zu seinem Patientengut zählen. Diese Szenen in der Praxis fand ich besonders interessant, man merkt beim lesen dass der Autor vom Fach ist und sich bestens auskennt.

Nach und nach erfährt man einige Details aus Mays Privatleben, was seine Figur noch abrundet. Er ist als Charakter detailliert beschrieben: Ein sympathischer Typ, ruhig, gelassen, etwas einsam seit seine Familie ihn verlassen hat. Er realisiert wie schnell die Zeit verstreicht und dass er von der Entwicklung seiner Töchter viel zu wenig mitbekommen hat. Die materiellen Dinge sind ihm nicht wichtig, wenn Olga nicht wäre würde er wohl oft ohne Honorar arbeiten.

Auch Marlene ist schön charakterisiert. Sie ist ein süßes und fantasievolles Mädchen, das oft in ihre eigene Fantasiewelt abtaucht und sich gerne versteckt. Sie erinnert May an seine Töchter, als sie noch klein waren und jedesmal freut er sich, wenn sie ihre kranke Taube besucht. Es trifft ihn schlimm als er erfährt dass sie verschwunden ist. May leidet darunter, macht sich Gedanken und versucht auf seine Art zu helfen.

Der erste Teil des Buchs wird von der leichten lockeren Frühlingsstimmung dominiert, in die sich langsam beunruhigende Töne mischen, die sich dann verschärfen. Im letzten Drittel kippt die Stimmung total. Die Jahreszeit wechselt von Frühling zu Herbst, die Stimmung ist düster, melancholisch, ohne jede Hoffnung. Dieser Stimmungswandel ist super gut gelungen, ich hatte beim lesen Gänsehaut. Und schlimme Befürchtungen! Ich kann leider nicht ins Detail gehen, ohne zu viel von der Handlung zu verraten.

Die Story ist komplex und konnte mich mit ihren Wendungen überraschen. Wendungen, mit denen ich wirklich nicht gerechnet hätte. Das Ende bzw. die Auflösung war wie ein Schlag ins Gesicht, so perfide. Die Geschichte hat mich berührt, mich mitgenommen, so dass ich eine schlaflose Nacht verbracht habe, was bei mir als notorischer Krimileserin ganz untypisch ist. Eine Story die nachdenklich macht....

Fazit: "Der beste Freund des Mörders" ist ein spannender Krimi, atmosphärisch dicht mit einem überaus sympathischen Protagonisten, von dem ich unbedingt noch mehr lesen möchte. Ich vergebe wohlverdiente 5 Sterne und hoffe auf eine baldige Fortsetzung.