Rezension

Dreckig - Dreckiger - Martin Krist. Dieser Thriller hat es wirklich in sich und 08/15 sucht man hier vergebens.

Drecksspiel - Martin Krist

Drecksspiel
von Martin Krist

Bewertet mit 4 Sternen

Manchmal nimmt das Leben einen seltsamen Verlauf

David Gross, ehemaliger Polizist und nun als Problemlöser für einen Anwalt tätig, ermittelt im Fall einer entführten Tochter aus gutem Hause. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Denn Berlin wartet mit finsteren Ecken, zwielichtigen Typen, bösen Gedanken und blutigen Taten....(Klappentext)

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"Caro sieht dem Tod in die Augen.
Der Anblick ist kaum zu ertragen,
doch kräftige Hände umfangen ihren Kopf wie ein Schraubstock
und zwingen ihren Blick direkt in die Augen der verzweifelten Frau,
aus deren aufgeschlitzter Kehle das Blut spritzt."
(S. 2 - Anfang)

Dies ist der Auftakt für die David Cross-Reihe, der es wirklich in sich hat.

Der Autor fackelt hier nicht lange. Bereits auf der ersten Seite spritzt das Blut und ab diesem Zeitpunkt befindet man sich in einem Thriller der sich gewaschen hat.
Man begleitet abwechselnd verschiedene Figuren und Handlungsstränge, welche scheinbar nichts miteinander zu tun haben.

David Cross: Privatdetektiv für einen Anwalt, der die ganz Großen vertritt. Sein derzeitiger Auftrag ist die Tochter eines großen Firmenmoguls zu finden, welche spurlos verschwunden ist

Hannah: welche mit ihrem Mann und ihrem gemeinsamen Baby endlich mal wieder in einem Ferienhaus entspannen will, findet sich in diesem gefesselt auf einem Stuhl wieder

Toni: Ermittler bei der Mordkommission, bei dem die Kacke ordentlich am dampfen ist. Koks, Nutten und Geschäfte mit dem Paten von Berlin sind sein Alltag. Seine Stammprostituierte wird nach einem gemeinsamen Streit abgeschlachtet im Bordell aufgefunden. Nun muss Toni zusehen, wie er sich aus dieser Misere herauswinden kann und vor allem den Täter finden kann, bevor seine Kollegen Spuren finden, die zu ihm führen könnten.

Im Verlauf kommen vereinzelt noch weitere Handlungsstränge und Perspektiven hinzu.

Langweilig wird es hier also definitiv nicht und mit jeder Seite steigt die Spannung und die Frage, wie das alles zusammenhängen könnte und wie der Autor dies stimmig miteinander verweben will.
Im Zuge der Story nähern sich diese Handlungsstränge langsam aneinander an, beginnen sich teils zu überschneiden, um sich am Ende zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden.
Die Auflösung selbst ist durchaus überraschend, mich konnte jedoch vor allem das Ende begeistern, welches kein Happy End im eigentlichen Sinne beinhaltet, sondern genauso rau und direkt wie die Story selbst ist. Dafür endet es mit einem verdammt fiesen Cliffhanger *g*.

"Sie kämpfte gegen den Schmerz und die Panik, die sie zu überwältigen drohte.
Schnaufend atmete sie durch, schluckte noch einmal. Und noch einmal.
Immer wieder, bis sie gleichmäßig durch die Nase Luft holen konnte.
Sie blinzelte den Schweiß aus den Augen.
Eine Gestalt schob sich in ihr Blickfeld."
(S. 41)

Ich habe aber bezüglich der verschiedenen Handlungsstränge auch etwas zu bemängeln. Diese sind gleichzeitig die Stärke, aber leider auch die Schwäche dieses Thrillers.
Die Schwäche liegt, für mich persönlich, am sehr raschen Wechsel zwischen der verschiedenen Perspektiven und Handlungen. Jeder Strang dauert gerade mal zwei kurze Seiten, oder weniger. Kaum ist man im Geschehen, wird man schon wieder in ein anderes geschleudert. Aufgrund dessen konnte ich mich nie vollends auf einen Charakter einlassen, in keine Handlung so richtig eintauchen.
Gegen Ende, als sich die verschiedenen Handlungen beginnen zu überschneiden, fand ich diesen rasanten Wechsel wiederum durchaus angebracht und gelungen, da dadurch zusätzlich Spannung und Tempo erzeugt wurden. Ich hatte das Gefühl, wie in einem Actionfilm, von einer Szene zur nächsten zu springen, bis die Story mit einem Showdown endete. Diese rasanten Sprünge den ganzen Thriller hindurch fand ich jedoch etwas störend und manchmal sogar nervig. Das Positive an den vielen Szenarien ist aber, dass es keineswegs verwirrend ist und jeder Handlungsstrang mit einem genialen Cliffhanger endet. Außerdem wurden dadurch, wie schon erwähnt, permanent Spannung und Tempo erzeugt, welche während der ganzen Story beibehalten wurden. Paar Seiten mehr wären jedoch nicht ganz verkehrt gewesen und hätten den selben Effekt erzielt.

Der Thriller ist nur bedingt für schwache Nerven und sensible Mägen geeignet, denn hier spritzt das Blut und es wird gefoltert und gesäbelt. Der flüssige und äußerst bildhafte Schreibstil sorgt zusätzlich für blutiges Kopfkino und das Setting wird ebenso atmosphärisch eingefangen.
Auch die Charaktere agieren für ihre Verhältnisse authentisch. Man muss bei Martin Krist aber darauf achten in keine Falle zu tappen, denn hier sind die bösen Buben zwar durchwegs böse, jedoch nicht nur und nicht jeder Gute nur gut. Hier spielt wirklich jeder sein eigenen Drecksspiel und das fern von 08/15.

"David verbarg sich in der Menschenmenge, die wie eine Welle dem Ausgang entgegenschwappte.
Ein zahnloser Zottelbart bettelte um gültige Tickets.
Draußen auf der Straße brodelte der Verkehr.
Benzingeruch hin in der heißen Luft.
(S. 158)

Fazit:
Bis auf das rasche Herumspringen zwischen den Handlungssträngen wie ein Jo-Jo, ist das ein 1A Thriller, der sich fern von 08/15 bewegt und es herrlich blutig und brutal zugeht.
Spannung und Tempo sind permanent vorhanden und man schafft es nicht, diesen Thriller vor Ende aus der Hand zu legen. Dieser Thriller hat es also definitiv in sich und ließ mein Thrillerherz höher schlagen.

© Pink Anemone (inkl. Bilder, Leseprobe, Personenregister, Steckbrief von David Cross und Autoren-Info)