Rezension

Du kannst niemandem trauen

Die Chroniken der Fae - Aus Papier und Asche
von Ruth Frances Long

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch gehört zu der Sorte, bei der die Protagonistin keine Ahnung hat von der Welt, in die sie hineingerät. Infolge des Sichtwechsels, auf den ich gleich noch mal zurückkomme, weiß der Leser somit in der Regel mehr als Izzy und erschließt sich zumindest am Anfang ein paar Sachen auch ein wenig schneller - was typisch ist bei diesem Wissensstand. Gemeinsam mit Izzy gerät der Leser so in eine düstere Welt, in denen die Fae wenig zu tun haben mit süßen Blumenfeen.
Sobald auch Izzy beginnt, sich in dieser Welt zurechtzufinden, nimmt das Ganze endgültig Fahrt auf und hält neben Spannung und Action auch eine faszinierende Mischung aus irischer und christlicher Mythologie bereit, Legenden der beiden Mythologien werden miteinander verwoben und neben Fae und besonders den adeligen Sídhe existieren in der Welt auch Engel und Dämonen. Doch alle drei Fraktionen scheinen nur ihre eigenen Ziele zu verfolgen, sodass Izzy sich zwischen den Fronten wiederfindet und nicht weiß, wem sie vertrauen kann. Genauso wenig wie der Leser, denn eigentlich sollte sie nicht einmal Jinx vertrauen, der ebenfalls aus seiner Sicht zwischenzeitlich erzählt. Gerade dadurch, dass niemand wirklich gut zu sein scheint, wird auch Spannung aufgebaut, zudem verwischt dabei die klassische Schwarz-Weiß-Klassifizierung.

Neben Izzy erzählt also auch Jinx die Geschichte, beide aus der dritten Person Singular. Zudem erhält auch Izzys Kumpel Dylan kurze Abschnitte. Allerdings stehen über den Kapitel keine Namen und gegen Ende hin wechselte gerade zwischen den ersten beiden auch mitten im Text die Perspektive, sodass ich mich zeitweilig erst mal orientieren musste und nicht sicher war, wer gerade erzählt.
Izzy ist eine sympathische Protagonistin, gerade weil sie teilweise sehr sarkastisch, ja, sogar zynisch sein kann. Sie schafft es, einen einigermaßen klaren Kopf zu behalten und rennt so nicht von einem Fehler zum nächsten. Nach der anfänglichen Verleugnungsphase, die sie glücklicherweise relativ schnell überwindet, schafft sie es, sich auch einigermaßen schnell in der neuen Welt zurechtzufinden, auch wenn sie eben ziemlich allein dasteht.
Jinx ist ein ziemlich interessanter Charakter. Er ist an seine Matriarchin - das Oberhaupt eines Bezirks - gebunden, deren Befehle er befolgen muss, obwohl er sie eigentlich nicht ausstehen kann, was schon mal viel Konfliktpotenzial mit sich bringt. Obwohl er anfangs ziemlich nett zu Izzy ist, würde ich ihn letztendlich eher als Bad Boy einordnen, da er zwischenzeitlich sehr verschlossen und abweisend, ja, auch ein wenig sehr unfreundlich sein kann und, na ja, er will Izzy eigentlich wirklich ausliefern. ^^ Doch selbst in seiner Welt gilt er als niedrig und Verräter, und er birgt eine komplexe, faszinierende Vergangenheit, sodass auch er viel Potenzial enthält und ich gespannt bin, wie er sich weiter entwickelt.

Dieser Auftakt bietet somit einen Einblick in eine ebenso komplexe, faszinierende, aber auch düstere Welt, in der verschiedene Mythologien miteinander verwoben werden und längst vergangene Geschehnisse die aktuelle Handlung beeinflussen, sodass diese Struktur noch viel Potenzial für die Fortsetzungen verbirgt. Zugegeben - gerade diese komplexe Struktur sorgt dafür, dass man auch als Leser sich erst mit den vielen Informationen zurecht finden muss, ich persönlich hatte da aber kein Problem mit. Wichtige Begriffe sind hinten in einem Glossar mit Aussprachehilfe nochmal erklärt. Das Setting mit Irland trägt zu der mystischen, aber auch düsteren Atmosphäre bei.
Die Liebesgeschichte entwickelt sich ziemlich langsam, allgemein steht die Romantik eher im Hintergrund, der Fokus liegt auf der Handlung.

Fazit: Eine ungewöhnliche Idee, bei der die irische und die christliche Mythologie miteinander verwoben werden und eine faszinierende, düstere Welt geschaffen wurde, spannend dadurch, dass die sarkastische Protagonistin niemandem trauen kann