Rezension

Dubliner Flair, viel Whiskey-Wissen und ein bisschen Spannung

Ein Schuss Whiskey -

Ein Schuss Whiskey
von Carsten Sebastian Henn

Bewertet mit 4 Sternen

Der ideale Krimi für Irland- und Whiskey-Fans. Reichlich Lokalkolorit und Whiskey-"Seminar" inklusive, aber nicht sehr spannend

„Ein Schuss Whiskey“ von Carsten Sebastian Henn ist ein interessantes Konglomerat aus Whiskey-Seminar, Dublin-Reiseführer und Krimi für literarisch Anspruchsvolle.

Worum geht es?

Janus, ein deutscher Krimiautor, den es der Inspiration wegen nach Dublin, die Stadt der großen irischen Literaten, verschlagen hat, wird nach einer ausgiebigen Zechtour Zeuge eines Mordes. Rätselhafterweise taucht nirgends eine Leiche auf. Es lässt ihm keine Ruhe und gemeinsam mit seiner Mitbewohnerin Tessa beginnt er zu recherchieren. Sie stoßen auf die seltsame „Drunken Poets Society“. Bald erkennen sie: Whiskey spielt eine wesentliche Rolle.

Das Buch ist nach „Der Gin des Lebens“ und „Rum oder Ehre“ der dritte Teil der Trilogie über Hochprozentiges. Jeder dieser Romane ist in sich abgeschlossen, mit anderen Protagonisten. Für mich war es der erste Krimi des Autors; ich kannte bislang nur „Der Buchspazierer“, eines meiner Lieblingsbücher. Leider konnte mich dieser Whiskey-Krimi nicht genauso begeistern.

Der erste Eindruck, wenn man das Buch zur Hand nimmt, ist beeindruckend. Es fühlt sich sehr angenehm an, ist speziell durch den erhabenen Druck von Titel und Autorennamen. Das Foto stimmt auf die Thematik wunderbar ein. Die im Innenumschlag befindlichen Karten von Irland und Dublin mit den Standorten der Destillerien geben einen ausgezeichneten Ein- und Überblick in die Bedeutung der Whiskey-Produktion bzw. die Aktionsorte der Handlung.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Sogar die Überschriften der Kapitel – Zitate bedeutender Persönlichkeiten zum Thema Whiskey – unterstreichen das Hauptthema dieses Buches, nämlich Whiskey. Die Krimihandlung wird mehrmals (optisch markant auf grauem Hintergrund gedruckt) mit Auszügen aus der Homepage der „Drunken Poets Society“ unterbrochen, die umfassende Information über die Geschichte von Whiskey, dessen Herstellung, Rezepte für Cocktails und Speisen u.a. bieten. Es wird quasi ein Whiskey-Seminar mitgeliefert.

Sehr atmosphärisch sind die Beschreibungen des Autors der irischen Lebensweise, der Stimmung in den Pubs und der diversen Sehenswürdigkeiten Dublins und der Umgebung. Die Profession des Autors als Restaurantkritiker und Weinjournalist verdeutlicht sich immer wieder in blumig beschriebenen Geschmacksnuancen des Whiskeys.

Auch der literarische Aspekt gehört zu Dublin, der „Stadt der trinkenden Dichter und dichtenden Trinker“, unweigerlich dazu. Kenner der irischen Literaturszene finden die Krimihandlung infolge der verwobenen Zitate und Hinweise auf diverse Werke sicher reizvoller als ich, die da nicht beschlagen ist.

Die verschiedenen Handlungsebenen bzw. Perspektiven dienen der Abwechslung, doch der Roman im Roman und das Audiotagebuch des Mörders, wodurch man dessen Gedanken erfährt, verwirren anfangs, weil sich der rote Faden der Story erst später offenbart. Dadurch kam ich nicht mit Anhieb in die Geschichte hinein. Letztlich entwickelte sich durch einen Wettlauf gegen die Zeit und einen spektakulären Showdown doch noch Spannung.

Im Mittelpunkt steht eigentlich Janus, der unter einer Schreibblockade leidende Autor. Mein Problem war, dass ich mit ihm und Tessa, seiner Mitbewohnerin, nicht richtig warm wurde. Sie waren sympathisch, aber emotionell farblos gezeichnet. Dass sie in einander verliebt sind, war kaum zu spüren. Ich habe Janus auch nicht wirklich abgenommen, dass er all diese Handlungen setzt, was Mut und Verwandlungsfähigkeit anbelangt. Die „Drunken Poets Society“, die sich aus sehr unterschiedlichen urigen Typen zusammensetzt, ist recht anschaulich und gut vorstellbar beschrieben.

Bei „Ein Schuss Whiskey“ genoss ich vor allem das Irland-Flair - meine Lust hinzureisen, wurde neuerlich entfacht; ich fand das umfassende Wissen rund um Whiskey beeindruckend und lehrreich, vermisste allerdings anfangs Spannung und konnte mich generell mit den Protagonisten nicht richtig anfreunden. Nichtsdestotrotz ist das Buch infolge der skurril anmutenden Handlung und dem sachbuchartigen Schwerpunkt ein Krimi der besonderen Art, der vor allem Irlandfans und Whiskeykenner beglücken wird.