Rezension

Düster, spannend, mitreißend

Opfermond
von Elea Brandt

Bewertet mit 5 Sternen

Im Sha-Quai, dem ärmlichen Viertel, in dem die Bürger Ghor-el-Chras ihren Vergnügen oder eher Lastern, wie Glücksspiel und Freuden aller Art nachgehen, verschwinden immer wieder Menschen, deren Leichen ausgeweidet wieder aufgefunden werden. Das interessiert allerdings niemanden, bis der Sohn des reichen Alchemisten Rashach ermordet wird. Rashach setzt den Unbestechlichen Varek darauf an, herauszufinden, warum sein Sohn sterben musste. Doch die einzige Zeugin des Verbrechens ist das Freudenmädchen Idra und diese verfolgt ihre eigenen Pläne, nämlich dem Sha-Quai zu entkommen. Varek muss mit ihr ein Bündnis eingehen, um den Mord an dem Alchemistensohn aufzuklären. Dabei stoßen sie auf einen Kult und dieser verlangt viel mehr, als man sich vorstellen kann.
Meine Meinung:
 Dieses Buch punktet gleich schon mit seinem geheimnisvollen Äußeren, das mich umgehend in seinen Bann schlagen konnte und auch der Klappentext versprach so einiges. Tatsächlich wurde ich dann sogar mehr als positiv überrascht, denn diese Geschichte entwickelt in kürzester Zeit einen Sog auf ihren Leser. Elea Brandt schreibt direkt und sehr flüssig und man befindet sich innerhalb kürzester Zeit mitten in ihrer Welt. Dabei bleibt sie sprachlich modern, klar und auch schonungslos, denn ein teilweise blutiges Kopfkino gibt es hier dazu. Absolut gelungen fand ich auch, dass sie ihren Charakteren die passende Sprache mitgibt, hier wirkt nichts künstlich oder aufgesetzt.
Das Worldbuilding ist etwas besonderes, denn die Welt um Ghor-el-Chras ist sehr lebendig und glaubwürdig, dabei durchaus ungewöhnlich. Zum einen, weil alles ein wenig orientalisch angehaucht wird, zum anderen auch der Aufbau der Umgebung. Man spürt, an welcher Stelle man sich gerade in Ghor-el-Chras befindet, dabei hilft auch die äußerst gelungene Karte zu Beginn des Buches. Aber auch sonst spürt man die unterschiedliche Atmosphäre, die sich immer den gerade beschriebenen Handlungsschauplätzen anpasst. Man hat eine Gänsehaut, betritt man mit den Charakteren die alte Stadt, die absolut geheimnisvoll ist, während man im Sha-Quai förmlich den Schmutz riechen kann. Das alles bekommt der Leser ohne große Ausschweifungen oder detaillierten Beschreibungen geliefert, so dass man sich diese Welt in Gedanken selbst aufbauen kann.
Spannend ist es dann auch gleich von Beginn an, manches wird nur angedeutet und man wird regelrecht dazu gezwungen weiterzulesen, da man einfach wissen möchte, was da nun wirklich geschieht. Momente voller Action, aber auch Momente, bei denen man die Charaktere kennenlernt, wechseln sich ab. Dabei bleibt es allerdings bis zum Schluss wirklich geheimnisvoll und recht undurchschaubar.
Der Leser verfolgt das Geschehen in erster Linie durch die beiden, recht aussergewöhnlichen Protagonisten, Varek und Idra. Ab und an bekommt man auch noch kleinere Einblicke auf andere Charaktere, die das Ganze noch einmal mehr geheimnisvoll werden lassen.  Durch den Erzähler in der dritten Person hat man dabei einen guten Überblick über die Handlung und verfolgt ein fantasievolles, manchmal auch grausames Kopfkino. Doch immer ist es passend und glaubwürdig.
Die Charaktere, allen voran die Protagonisten Varek und Idra, sind einmal mehr anders. Varek ist ein Unbestechlicher, ein Assassine, der im Auftrag Menschen tötet. Doch trotzdem ist er ein Mann der Ehre, innerlich gebrochen, äußerlich hart, aber doch auf seine Art fair. Man muss ihn einfach erleben, denn ich möchte auch gar nicht zu viel über ihn verraten. Genau so geht es mir mit Idra, das, um es nett auszudrücken, Freudenmädchen. Sie ist arm, sie ist vorlaut, sie ist frech, dreist, aber auch absolut clever und mutig. Sprachlich und auch in ihrem Gehabe unterscheiden die Beiden sich wie Tag und Nacht, was hier aber sehr glaubwürdig rüberkommt. Sie wirken dadurch sehr authentisch und in keinster Weise beschönigt.
Neben den Beiden gibt es zwar einige Nebencharaktere, die aber ebenfalls sehr gut gezeichnet sind und ihre Rollen glaubwürdig spielen. Sie stiften Verwirrung, wirken geheimnisvoll, man hasst sie, man beobachtet sie, weil man einfach nicht einschätzen kann, wem man vertrauen sollte.
Mein Fazit:
 Ein Fantasy-Thriller voller Spannung und mysteriös wirkender Geheimnisse, teilweise sehr blutig und grausam, dadurch aber noch glaubwürdiger, denn diese Welt, in der ich mich befand, wird hier nicht verschönigt. Man lernt die Charaktere mit all ihren Facetten kennen und ja, auch lieben oder hassen und manches mal musste ich doch meine Meinung, zumindest teilweise, revidieren. Dabei bleibt die Handlung undurchschaubar und man wird einfach durch die Seiten getrieben, damit man erfährt, was hier wirklich los ist. Für alle Dark Fantasy Fans eine Leseempfehlung. Elea Brandt, ich hoffe, noch so einiges dieser Art von dir lesen zu dürfen!