Rezension

Düsterer Klassiker

Der Krieg der Welten - H. G. Wells

Der Krieg der Welten
von H. G. Wells

Bewertet mit 4 Sternen

Am Mars werden die Rohstoffreserven knapp, daher greifen die Marsianer die Menschheit an. Der hochentwickelten Technik der Invasoren hat das Militär nichts entgegenzusetzen und ein gnadenloser Krieg um die Erde beginnt.

„Der Krieg der Welten“ ist ein Science-Fiction-Klassiker von H. G. Wells, der erstmals 1898 erschienen ist. Ich war schon lange Zeit auf dieses Buch neugierig, weil es für das Genre als prägende Grundlage gilt. 

Immerhin hat H. G. Wells den Spieß umgedreht. Er lebte in einer Zeit als sich die Menschheit an den Glauben an den Fortschritt klammert, bisher unvorstellbare technischen Höhenflüge erlebt und sich im Sinne Darwins als Krone der Schöpfung betrachtet.

Aber der Autor denkt einen Schritt weiter. Er fragt sich, was geschieht, wenn eine Spezies der Menschheit überlegen ist? Damit erfindet er sozusagen die Alien-Invasion, die uns seither in ihren gewaltigen Facetten in Buch, Film und Fernsehen laufend vor Augen gehalten wird.

Die Geschichte beginnt damit, dass merkwürdige Kapseln in Südengland landen und die Bevölkerung gleichermaßen fasziniert und erstaunt ist. Überheblicher Forscherdrang lässt die Gefahr vom ersten Moment an unterschätzen, bis die Welt in den Fängen der Marsianer ist.

Der Autor bedient sich zweier Menschen, die das Geschehen für den Leser dokumentieren. Es wirkt dadurch wie ein Zeitzeugenbericht auf mich. Anhand dieser Figuren erzählt er, was sich in London und im ländlichen Gefilde zuträgt, während er dem Leser ein kriegerisches Schreckensszenario vom Ende der Welt vor Augen führt.

Ich hatte mit einer viel verstaubteren Geschichte gerechnet und war erstaunt, wie modern das Geschehen und die Erzählung wirken. Zwar halten manche Erklärungen dem gegenwärtigen Wissen nicht stand, fügen sich dennoch exzellent in die Gesamthandlung ein. 

Außerdem ist es eine äußerst düstere und brutale Erzählung, die aktuelleren Versionen der Alien-Invasion um nichts nachsteht. Wells beschreibt die anfängliche Neugierde, geht darauf ein, wie überraschend die kriegerische Entwicklung des Erstkontakts aufgenommen wird, und setzt sich letztendlich mit der Flucht und dem Überlebenswillen von uns Menschen auseinander. 

Für die wissenschaftlichen und philosophischen Überlegungen hat er einen Gelehrten als Protagonist erwählt, der mit seinem akademischen Hintergrund die Situation analysiert. Trotzdem flieht er einem verschreckten Tier gleich vor den entsetzlichen Marsianern, weil diese deutlich überlegen sind:

„Es war niemals ein Krieg, genauso wenig, wie es einen Krieg zwischen Menschen und Ameisen gibt.“ (S. 236)

Damit zeigt Wells der menschlichen Spezies, dass Demut gegenüber der Natur trotz bemerkenswerter Errungenschaften des technischen Fortschritts durchaus angebracht ist. 

Mir hat es gut gefallen. Teilweise war ich schockiert, wie brutal manche Einzelheiten beschrieben sind, wie der Autor die Hoffnungslosigkeit, den Staub und die Trümmer zwischen den Seiten zum Leben erweckt. 

Letztendlich haben wir Menschen laut Wells für unseren Platz im Universum bezahlt, auch wenn die nächste Rate aktuell fällig ist: 

„Durch das Tribut einer Million Toter hat sich der Mensch sein Geburtsrecht auf der Erde erkauft und trotz aller Neuankömmlinge ist sie sein, und wäre es auch geblieben, wenn die Marsianer zehnmal so viel gewesen wären. Denn die Menschen leben weder, noch sterben sie vergeblich.“ (S. 262)

Wer sich gern mit Endzeitszenarien, Außerirdischen und dem Ende der Welt auseinandersetzt, wird in H. G. Wells’ „Krieg der Welten“ sicherlich eine beeindruckende Grundlage entdecken, die sich in unzähligen thematischen Folgewerken finden lässt.