Rezension

Düsteres Mittelalter-Märchen...

Junge mit schwarzem Hahn -

Junge mit schwarzem Hahn
von Stefanie vor Schulte

Bewertet mit 4 Sternen

Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd auf dem Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den Jungen, der zu ungewöhnlich ist. Viel zu klug und liebenswürdig. Sie behandeln ihn lieber schlecht, als seine Begabungen anzuerkennen. Als Martin die Chance ergreift und mit dem Maler zieht, führt dieser ihn in eine schauerliche Welt, in der er dank seines Mitgefühls und Verstandes widerstehen kann und zum Retter wird für jene, die noch unschuldiger sind als er.  (Klappentext)

Gerade einmal 4 Stunden und 18 Minuten währt die ungekürzte Hörbuchfassung des Debütromans der Autorin, mit passender Intonation gelesen von Robert Stadlober, der das Märchenhafte der Erzählung in Stimme und Tonafall perfekt einfängt.

Es ist schwierig, die Erzählung zeitlich und örtlich einzuordnen, aber am ehesten passen die Schilderungen der Gegebenheiten ins düstere Mittelalter, Kriege und Pest inbegriffen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht der elfjährige Martin, der seit seinem dritten Lebensjahr auf sich allein gestellt ist, nachdem sein Vater sich und die übrige Familie brutal umgebracht hat. Geblieben ist dem Jungen nur ein schwarzer Hahn, der nicht von seiner Seite weicht. Beschützer, Freund und Ratgeber ist das treue Tier, das für viele Dorfbewohner mit dem Teufel im Bunde scheint.

Das Leben im Dorf ist hart. Martin ist mit einem wachen Verstand und einer besonderen Beobachtungsgabe gesegnet und durchschaut die zumeist tumben Dorfbewohner, denen das Kind unheimlich ist. Sie meiden den Jungen und kümmern sich nicht um ihn, allenfalls eine Zwiebel erhält er für seine Dienste, ansonsten eher Demütigungen und Schläge. So fristet er sein kümmerliches Dasein, verliert darüber aber sein reines, gütiges Wesen nicht, unschuldig und gut wie er ist. Auch das verstört die übrigen Dorfbewohner. 

 

„Seine Augen sind sehr schön. Das fällt gleich auf. Dunkel und geduldig. Alles an ihm wirkt ruhig und bedacht. Und das macht ihn den Leuten im Dorf unbequem. Sie haben es nicht gern, dass einer zu lebendig ist oder zu ruhig. Derb können sie verstehen. Verschlagen auch. Aber das Bedächtige im Gesicht eines Elfjährigen, das mögen sie nicht.“ 

 

Als ein Maler ins Dorf kommt, um das Innere der Kirche auszuschmücken, erkennt er das Besondere in Martin. Er verhält sich als Einziger wohlwollend dem Jungen gegenüber, und so hat er auch nichts dagegen einzuwenden, als Martin schließlich mit ihm zusammen das Dorf verlässt. Auf der Wanderung erfährt Martin, wie es in der Welt zugeht, und auch da gibt es viel Not und Bosheit. Doch Martin hat eine Mission, ein Versprechen, das er sich selbst gegeben hat. Und das ist die größte Prüfung von allen...

Ein sonderbar düsteres Märchen präsentiert Stefanie vor Schulte hier, geprägt von Leid, Grausamkeiten und auch gruselhaft-surrealen Elementen. Klassisch stehen sich hier Gut und Böse gegenüber, und nur dank Martins unbeirrbarer Güte und seines wachen Verstandes sowie mit Hilfe der Ratschläge des schwarzen Hahns hat das Gute in dieser dunklen Welt überhaupt eine Chance. Martin bleibt dabei als Hauptcharakter stets auf Distanz, was das Märchenhafte der Erzählung durchaus unterstreicht.

Sprachlich ist der Roman einerseits in kurzen, einfachen Sätzen gehalten, andererseits aber auch sehr ausdrucksstark durch bildhafte Schilderungen und die Ausschmückung mit zahlreichen Metaphern.

Ein sonderbar düsterer Roman, der mich nicht komplett fesseln konnte, dem ich aber fasziniert gelauscht habe.

 

© Parden