Rezension

Ein absolutes Highlight!

Das Mädchen, das keiner wollte - Diane Chamberlain

Das Mädchen, das keiner wollte
von Diane Chamberlain

Bewertet mit 5 Sternen

Manche Kinder trifft von Geburt an ein schweres Schicksal. Sie werden einfach zur falschen Zeit am falschen Ort geboren. Ivy Hart ist so ein armes Geschöpf. Sie wächst elternlos zusammen mit ihrer Großmutter, ihrer bildhübschen aber leicht zurückgebliebenen Schwester und deren unehelichem Sohn im Dienstbotenhaus auf einer Tabakplantage auf. Geld ist immer knapp aber für ihren Arbeitsdienst auf der Plantage dürfen sie mietfrei wohnen. Ein wenig Sozialhilfe wird der Familie gewährt, dafür müssen sie sich mit den Sozialarbeitern auseinandersetzen. Ein wenig Freude kommt in Ivys Leben, als die junge, frischverheiratet Jane diese Aufgabe übernimmt. Doch auch Jane hat es nicht leicht, sie muss sich an allen Fronten verteidigen und durchbeißen. Auf besonders viel Unverständnis für ihre Arbeit stößt sie bei ihrem Mann, dem erfolgreichen Kinderarzt, der die Demütigung schlecht verkraftet. Es ist in seinen Kreisen einfach weder üblich noch erwünscht, dass Frauen arbeiten. Doch Jane ist hartnäckig und kämpft wie eine Löwin für die Rechte der beiden Mädchen wie auch für ihre eigenen. Eine tragische Entscheidung bringt jedoch schließlich einen nicht aufzuhaltenden Stein ins Rollen …

Ich bin noch ganz überwältigt von diesem Roman – mit Tränen in den Augen habe ich den Buchdeckel zugeklappt, das passiert mir selten. Ohne auch nur je ins Kitschige abzudriften, schafft die Autorin es, mich total in den Bann zu ziehen. Schonungslos schildert sie die Situation auf der Plantage im Hinterland North Carolinas. Kaum vorstellbar, dass in den 60er Jahre im Süden der USA noch solch schreckliche Dinge wie Zwangssterilisation durchgeführt wurden, auch wenn man sich gegenseitig versicherte, nichts Böses damit im Sinn zu haben „nicht so wie damals in Nazi Germany!“. Diane Chamberlain nimmt uns mit in die Welt der Armut, zeigt uns jedoch auch die Welt der Reichen und Schönen, die ihr Leben mit Wohltätigkeits-veranstaltungen und Hausmädchen verbringen. Mit Männern, die genug Geld mit nach Hause bringen, damit die Damen nicht arbeiten gehen müssen. Ob sie dabei auch merken, dass es ihnen ohnehin nicht gestattet ist, einen Beruf zu ergreifen? Es war damals auf jeden Fall noch eine von Männern regierte Gesellschaft. Männer bestimmten, Männer nahmen sich was sie wollten, Männer stellten die Regeln auf. Dieser Roman gibt zu denken auf. Ich bin froh, im hier und jetzt zu leben.