Rezension

Ein Buch mit Humor und Tiefe

Doppelt durchs Leben - Elke Ottensmann

Doppelt durchs Leben
von Elke Ottensmann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ist das nicht ein Wunder, wie unser Herrgott für alles gesorgt hat? Das ist doch eine gute Idee, den linken Lungenflügel etwas kleiner zu machen, um dem Herzen genügend Raum zu verschaffen...“

 

Am 3. September 1936 werden im schlesischen Waldenburg die Zwillinge Werner und Reinhard Seidel geboren. Auf Werner hatte man gewartet. Reinhard war eine Überraschung. In ihrem Buch erzählt die Autorin vom Leben der beiden Jungen, eingebettet in ein harmonisches Familienleben. Liebevoll kümmern sich die beiden älteren Brüder um die Zwillinge. Schon in jungen Jahren wird die Saat des Glaubens in ihr Herz gelegt. Das zeigt sich auch im Eingangszitat.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er wird durchzogen von einem feinen Humor, selbst dann, als die Zeiten alles andere als leicht waren.

Natürlich fehlen die Streiche der Kindheit nicht. Auch die oben erwähnten „Lungenflügel“ sollen noch eine besondere Bedeutung erlangen, Kindermund eben. Mehr oder weniger gewollte Verwechslungen der eineiigen Zwillinge bis ins Erwachsenenalter bringen mich als Leser häufig zum Schmunzeln. .Immer wieder aber gibt es besinnliche Stellen. Trotzdem kommt auch dort die kindliche Freude durch.

 

„...So feierlich und rein, das Fest der Liebe wurde mit Jubelchören verschönert. Manchmal hatte ich meine Gedanken schon bei der Bescherung. Vielleicht war es nicht recht, aber die Freude, dass das Christkind schon so nahe war, war so groß, dass wir Kinder den Worten des Pfarrers einfach nicht mehr folgen konnten...“

 

Wer kann das nicht nachvollziehen? Diese Worte stammen aus den Tagebucheinträgen des älteren Bruders Walter, die ab und an zitiert werden und kursiv gesetzt sind.

Der erste Einschnitt in die unbeschwerte Kindheit kommt, als Günther zur Wehrmacht eingezogen wird. Die liebevolle Verbindung zur Familie zeigt sich in den abgedruckten Briefen von ihm und den Zwillingen.

Mit dem Einmarsch der Roten Armee ist die Kindheit endgültig vorbei. Selbst in dieser Zeit wird in vielen Situationen Gottes Bewahrung deutlich.Während Oberst Sascha gut mit der Familie und den Zwillingen auskam und dort häufig zu Gast ist, ändert sich die Lage erneut, als der polnische Staat die Verwaltung übernimmt. Plötzlich sind sie Fremde im eigenen Land und sitzen sprichwörtlich jeden Tag auf gepackten Koffern. Eines Tages ist es dann so weit. Die neue Heimat wird der Schwarzwald.

Als Leser darf ich ihr Leben bis in die Gegenwart verfolgen. Bis zum Schluss bleibt der heitere Grundton enthalten, auch wenn sich ab und an eine Spur Schwermut einschleicht.

Die eingefügten Gedichte machen das Buch zu etwas Besonderen, weil sie ihm ein zusätzliche persönliche Note geben.

Viele Fotos veranschaulichen die Handlung.

Das farblich schön gestaltete Cover mit dem Foto vom Schulanfang der Zwillinge weckt Interesse und fällt ins Auge.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin zeigt am Beispiel der Zwillinge, wie ein harmonisches und auf festem Glaubensgrund stehendes Familienleben durch schwierige Zeiten tragen kann.

Beenden möchte ich meine Rezension mit einem Zitat, das aus der Kindheit der Zwillinge stammt, als Reklame in einem Kolonialwarenladen stand und zeigt, wie sich die Zeiten geändert haben:

 

„...Zucker sparen grundverkehrt, der Körper braucht ihn! Zucker nährt!...“