Rezension

Ein Buch mit Wow-Effekt und Bonustränchen

Freedom - Jonathan Franzen

Freedom
von Jonathan Franzen

Bewertet mit 5 Sternen

Die Berglunds scheinen eine geradezu lächerlich vorbildliche Vorstadtfamilie zu sein - eine sportliche Frau, ein intelligenter und politisch aktiver Ehemann, zwei wunderbare Kinder... Doch hinter der Fassade kriselt es gewaltig, denn die Geister der Vergangenheit sind keineswegs tot - sie leben in jedem einzelnen Familienmitglied weiter und so werden sie oftmals von den Fehlern ihrer Eltern, von ihren Sorgen, Nöten und Ängsten als Teenager, auch als Erwachsene noch umgetrieben.
Das macht es den Teenagern selbst nicht gerade einfach, mit ihren Eltern zu leben.

Eigentlich sind solche Familiengeschichten überhaupt nicht mein Fall, aber... diese hier hat mich von der ersten Seite an durch die Brillianz der Dialoge in den Bann gezogen. Die wirkten nämlich unglaublich authentisch. Nicht wie bei vielen Romanen à la "das ist ein Buch, also müssen wir alles unnatürlich genau ausschwafeln, der Leser ist ja sonst zu dumm um es zu kapieren", sondern... die Dialoge haben immer mehr weggelassen, als sie wirklich gesagt haben. Aber gerade dadurch hat man begriffen, worum es wirklich geht, das Ungesagte nistete immer mit im Hinterkopf des Lesers.
Ich glaube, am Anfang habe ich erstmal jeden einzelnen Dialog gelobt, bis ich über die ersten hundert Seiten hinweg war.

Das Buch besticht auch durch eine interessante Gliederung - es beginnt im Prinzip auktoriell mit der Beschreibung der perfekten Welt der Berglunds - und wie die Nachbarn mitansehen, wie diese zerbricht.
Kaum zerbrochen, dürfen wir in die Lebensgeschichte von Patty eintauchen.
Und so wechseln sich biografische Hintergründe auf eine Weise mit Beschreibungen der aktuellen Ereignisse ab, die die Geschichte spannend machen. Immer wieder folgt ein Cliffhanger, ein Perspektivenwechsel genau an der richtigen Stelle.
Und dann rollt das Buch sich samt, langsam aus, man liest sich in ein geruhsames Ende... und weint fast, weil die letzten Sätze so unglaublich rührend sind.

Ich glaube, ich werde es noch öfter lesen, da ich das Gefühl habe, dass mir einige symbolische Dinge (noch) entgangen sind.