Rezension

Ein Buch über Reiselust und Rastlosigkeit, aber auch über das allmähliche Ankommen

Wanderlust mit Mister Parkinson -

Wanderlust mit Mister Parkinson
von Pamela Spitz

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ein Buch über Reiselust und Rastlosigkeit, aber auch über das allmähliche Ankommen

Das Buch hat mich wirklich neugierig gemacht, als ich in der Verlagsvorschau des KiWi-Verlags darauf aufmerksam wurde. Oft empfinde ich Erfahrungsberichte als bereichernd und Mut machend, selbst wenn ich nicht das Schicksal der betroffenen Person teile. Ich bewundere Menschen, die versuchen unter ziemlich widrigen Umständen ein halbwegs normales Leben zu führen. Also nahm ich nach dem Reinschnuppern in die Leseprobe gespannt dieses Buch zur Hand und war offen für die Erfahrungen der Autorin. Der Titel und auch die Kurzbeschreibung haben allerdings bei mir die Erwartung geweckt, dass die Autorin über ihre Erfahrungen mit Morbus Parkinson schreibt und in zweiter Linie über das Reisen. Tatsächlich ist es jedoch eher umgekehrt.

Pamela Spitz hatte sich 2016 gerade von ihrem Mann getrennt und war freiberuflich als Fotoredakteurin tätig, als sie im Alter von einundvierzig Jahren die Diagnose Morbus Parkinson erhielt. Sie wollte immer schon ‚dieses Schneller, Höher, Weiter und war süchtig nach immer neuen Herausforderungen und Abenteuern‘.

„Noch mehr Party. Noch mehr oberflächliche Jungs- und Männergeschichten. Noch mehr Ablenkung. Jeden Tag und jeden Abend war ich unterwegs, machte zwar Sport, nahm aber auch Drogen, besuchte Musikfestivals, auf denen ich vorher noch nie gewesen war, begann eine Liaison mit einer Frau, hing ständig in Bars herum und wollte einfach weiterhin alles ausprobieren, was ich nicht kannte. Meine körperlichen Symptome waren noch relativ zurückhaltend und ich fühlte mich stark und gut. Ich genoss die Intensität des Augenblicks und hatte keine Lust, mir ernsthafte Gedanken über die Zukunft zu machen, mir von der Diagnose meinen Lebensstil verändern zu lassen.“ (S. 19)

Letzteres merkt man der Autorin über das ganze Buch hinweg dann auch an. Sie selbst geht davon aus, dass sie vielleicht noch zehn gute Jahre hat und lässt einen in dem Buch daran teilhaben, wie sie die ersten fünf Jahre davon verlebt. Mal zieht es sie raus aus der Stadt um allein auf Wanderungen zu gehen und Ruhe in der Natur zu finden, mal lernt sie Fremdsprachen wie Portugiesisch und Arabisch, nimmt Surfunterricht, übt sich im Kraulschwimmen, macht einen Tandem-Gleitschirmflug und lässt sich von zahlreichen Dingen begeistern, die sie alle noch lernen möchte. Dabei wirft sie immer auch ausgiebige Blicke zurück auf ihr von Kindheit an durch Reiselust geprägtes Leben und lässt auch den Einfluss von Familie und Freunden nicht unerwähnt. Insgesamt war mir das ab einem gewissen Punkt allerdings zu viel, weil ich den Eindruck hatte, dass es in diesem Buch nicht um ein Leben mit der Erkrankung Parkinson geht, sondern viel mehr um die Verdrängung der Krankheit und nicht zuletzt vor allem auch der ständigen Flucht davor, sich damit auseinandersetzen zu müssen.

„Denn eins wusste ich inzwischen: dass es ein wirklich langer und holpriger Weg ist, bis man einigermaßen ins Reine kommt mit sich, wenn man mit so einer Diagnose wie Parkinson konfrontiert ist. Und dass da jeder und jede einen ganz eigenen Rhythmus für hat.“ (S. 56)

Der Weg von Pamela Spitz mit der Krankheit umzugehen ist wohl einer von vielen und als sich ihr Mister Parkinson nicht mehr verleugnen lässt, versucht sie mit Schamanismus, Ayurveda, Naturheilmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, Entgiftung und Entschlackung des Körpers und der Wiedererlangung der körperlichen Fitness ihren Mister P. zu besänftigen, auch wenn er sich leider nicht aufhalten lässt.

„Ich erzählte von meiner Bewältigungsstrategie, möglichst immer alles positiv zu sehen, von meinen guten Erfahrungen mit der Ernährungsumstellung und dass ich mich eigentlich so gesund wie noch nie fühlte, abgesehen von Parki.“ (S. 120)

Es bleibt ihr zu wünschen, dass das noch möglichst lange so für sie funktioniert und die Forschung in Zukunft vielleicht doch etwas findet, das den an Morbus Parkinson Erkrankten bahnbrechend weiterhilft.