Rezension

Ein Buch voller philosophischer Tiefe

Wenn es Lichtlein regnet - Markus Szaszka

Wenn es Lichtlein regnet
von Markus Szaszka

Bewertet mit 5 Sternen

„...Nun fühlte er sich auf der Erde wie auf einem großen Raumschiff, wenn er aus seinem Küchenfenster in die weite Ferne des Universum blickte und von der ungeheuerlichen Reisegeschwindigkeit der Erde beeindruckt war, von der eigentlich niemand etwas merkte...“

 

Marek und Manja sind Bewohner des Planeten Stoa. Auf diesem Planeten herrscht Ordnung und Harmonie. Zu den Aufgaben der künftigen Herrscher gehört es, dass sie eine Zeit lang auf einem anderen bewohnten Planeten leben. Sie fungieren dort als Beobachter. Dazu müssen sie als eine Lebensform dieser Welt geboren werden und darin sterben.

Manja kommt in der russischen Stadt Lipezk zur Welt. Schon als Kind zieht sie die Aufmerksamkeit auf sich. Dann hat sie einen Traum, der ihr zeigt, woher sie kommt und was ihre Aufgabe ist.

Marek lebt in Wien als Sohn polnischer Einwanderer. Er wird erst durch Manja von seiner Bestimmung erfahren.

Der Autor hat ein tiefgründiges, philosophisches und märchenhaftes Buch geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Sehr detailliert wird das Leben auf Stoa beschrieben. Es ist ein Bild friedlichen Zusammenlebens, was dafür mit Worten gezeichnet wird.

Auf der Erde machen Manja und Marek all die Phasen durch, wie ein menschliches Wesen auch. Dazu gehören die Zeiten der Pubertät und des jugendlichen Übermuts. Angesichts ihres Auftrages aber überlegen sie sich, was sie als Geschenk für die Erde zurücklassen können. Ihr Weg führt sie von Wien nach Amsterdam. Marek schreibt Texte für Zeitungen, Manja arbeitet in einer Werbeagentur. Plötzlich ist ihre Herkunft unwichtig, sie verlieren sich in der Hektik des Alltags. Doch es wird nicht so bleiben.

Dem Autor ist der schwierige Spagat gelungen, seine Protagonisten einerseits als Menschen agieren zu lassen, in ihren Gedanken und Worten andererseits wie einen Außenstehender das Wesen des Menschen zu hinterfragen. Zu den sprachlichen Höhepunkten gehört für mich der kursive Text, in dem Marek sich die Frage stellt, ob es richtig ist, neues Leben in diese Welt zu stellen. Er listet gekonnt die negativen Seiten unserer Zeit auf. Kurze Zeit später resümiert er, dass es auch positive Seiten an der Spezis Mensch gibt. Ein schönes Sprachbild ist das Auftreten der vielen kleinen Lichter immer dann, wenn es zu Kontakten zu Stoa kommt. Viel Platz bleibt für die Emotionen der Protagonisten. Sie ringen um echte Freundschaft, kennen Liebe und Verlust, Trauer und Einsamkeit. Wenn es den Vorspann von Stoa nicht gäbe und das Wissen um ihre Eigenheiten, könnte man annehmen, dass Marek und Manja Menschen wie du und ich sind. Obiges Zitat fällt, als Marek seine Bestimmung erkennt. Beide wissen, dass für sie der Tod nicht das Ende ist. Sie wissen aber auch, dass sei ihre Kinder auf der Erde zurücklassen müssen. Und sie testen verschiedene Lebensentwürfe aus. Ihre Leben ist geprägt von Veränderungen.

Das Cover mit den zwei Menschen vor dem Lichtbogen passt zur Handlung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es regt zum Nachdenken an, zum Nachdenken über die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach dem Menschsein. Es gibt Stellen, die sollte man mehrmals lesen, weil dort Fragen berührt werden, die philosophisch geprägt sind, insbesondere über den Gegensatz von Chaos und Ordnung. Sehen wir noch die Wunder unserer Welt? Warum kann die Menschheit nicht friedlich miteinander leben? Das sind nur zwei der Fragen, die unterschwellig in der Geschichte gestellt werden. Es ist ein Buch, das man mehrmals lesen sollte, um all die Feinheiten zu entdecken, die im Roman verborgen sind.