Rezension

Ein erschütternder autobiografischer Roman Gegen das Vergessen.

Kreuz Teufels Luder -

Kreuz Teufels Luder
von Evelyna Kottmann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Über die Autorin:

Evelyn Kottmann ist in Schweiz geboren. Mit ihrem Roman "Kreuz Teufels Luder" legt sie ihren ersten autobiografischen Roman vor. Sonst ist sie als Clownin, Schauspielerin, Psychodramatikerin tätig.

Über das Buch:

Luisa wird als zweites von acht Kindern geboren. Sie wachsen zuerst bei ihrer Mutter auf, einer Fahrenden, die von der Sippe verstossen wird, weil sie ihren Lebensunterhalt mit Prostitution verdient. Die Kinder sind weitgehend sich selbst überlassen, streifen den ganzen Tag durch die Gegend, stibitzen sich ihr Essen zusammen. Dann wird Luisa das Opfer der eigenen Mutter und ihrer Freier, die sich immer wieder an dem kleinen Mädchen vergreifen. Bis die Behörden die Kinder der Mutter wegnehmen und in ein katholisches Kinderheim stecken. Dort versuchen die Schwestern, Luisa mit körperlichen Züchtigungen, Folter und Teufelsaustreibungen zu einer 'ehrbaren Frau' zu machen. Aber Luisa kämpft dagegen an und lässt sich nicht unterkriegen. Der trotz aller Härte poetische Bericht wird ergänzt durch Aktenauszüge und den unglaublichen Rapport der Schwester Andrusia, die über ihre brutalen Erziehungs- und Bekehrungsversuche über Jahre minutiös Buch geführt hat.

Meine Meinung:

WARNUNG:

Dieses Buch ist gefühlsmäßig sehr schwer zu verarbeiten.

Es gibt expliziten Beschreibungen von sexuellem Missbrauch und Gewalthandlungen.

In diesem autobiografischen Roman setzt sich die Autorin mit ihrer Kindheit auseinander. Geboren in der Familie einer Prostituierten, Vagantin, die älteste von acht Kindern, musste Luise schon sehr früh erfahren, was Missbrauch und Vernachlässigung bedeuten. Ihre Mutter scheint kein anderes Leben als eine Prostituierte zu kennen und setzt ihre Kinder diesem Milieu aus. Schon früh muss Luise erfahren, was sexueller Missbrauch ist, sowohl von der Seiten ihrer Mutter, als auch von den zahlreichen Männern, die Orgien in dem Familienhaus feiern. Als die Behörden endlich reagieren und die älteren vier Kinder aus der Familie nehmen, ist es schon zu spät. Der nicht wiedergutzumachender Schaden ist angerichtet. Luise kommt mit ihren Geschwistern in ein katholisches Kinderheim, wo die Verhältnisse für so ein gestörtes und psychisch labiles Kind, nicht optimal sind. Auch hier wird Luise geschlagen, erniedrigt, missverstanden.

Doch das kleine Mädchen lässt sich nicht unterkriegen. Eine unglaubliche Kraft wohnt dem Mädchen inne. Sie trotzt, widersteht und findet für sich Trost in der Natur, Liebe zu ihren Geschwistern, Literatur und der schulischen Bildung. All ihr Leiden hat jedoch Spuren hinterlassen, Luise leidet an einigen körperlichen Problemen, die einen psychischen Hintergrund haben. Doch ihr Weg ist beachtenswert. Es ist ein Buch für die Opfer: Gegen das Vergessen. Ich finde es wichtig und richtig, dass die Opfer von sexuellem Missbrauch die Stimmen bekommen.

Der autobiografischer Roman ist unglaublich intensiv. Man kann sich dem Grauen, was die Kinder in dieser Familie und anschließend dem katholischen Heim in der Schweiz erleben, nicht entziehen. Es nimmt den Leser unglaublich mit. Der Bericht ist zutiefst erschüttern, die Brutalität ist kaum auszuhalten. Ich hatte große Schwierigkeiten, den Roman zu lesen.

Ein Leben eines Kindes voller Erniedrigungen, Schmerzen und Einsamkeit – und dennoch voller Kraft und Lebenslust. Die Geschichte erschüttert und ist gleichzeitig faszinierend, denn das Mädchen findet Kraft, mit all dem zurechtzukommen, zu überleben.

Ich hoffe, dass das Buch viele Leser finden, damit die Stimmen der Opfer nicht unerhört bleiben.