Rezension

Ein erschütternder Dezember

Ein Langer Dezember -

Ein Langer Dezember
von Richard Chizmar

Bewertet mit 4 Sternen

Robert und Cathy führen ein gutes Leben. Sie haben sich einen soliden Rahmen geschaffen, bewohnen ein nettes Haus, der Sohn ist erfolgreich am College und mit den Nachbarn sind sie in Freundschaft verbunden. Doch dann wird ihr Nachbar James verhaftet und der Verdacht erhärtet sich, dass er ein Serienmörder ist.

"Ein langer Dezember" von Richard Chizmar führt in die Vorstadtidylle, wo die vorweihnachtliche Pracht die Freude schürte und die Verhaftung des Nachbarn für bizarre Stimmung sorgt.

Nachdem ich schon mehrere Werke von Richard Chizmar gelesen habe, war ich auf diese Dezember-Novelle gespannt. Er steht für mich für interessante Fügungen, passable Settings und kluge Wendungen.

In "Ein langer Dezember" vereint der Autor zwei realistische Aspekte, die für echten Horror sorgen.

Der Nachbar James wird verhaftet. Zuerst weiß niemand, was vorgefallen ist. Drückend legt sich ein unangenehmes Gefühl über die Howards und die gesamte Nachbarschaft. Nach und nach sickern erste Informationen durch Nachrichten und polizeiliche Ermittlungen durch. Leichenteile wurden gefunden, wobei die Betonung auf die Mehrzahl durchaus bei Cathy und Robert angekommen ist.

In den Nachrichten verfolgen sie ein schauriges Bild. Kann ihr Nachbar James tatsächlich ein Serienkiller sein? Die Fragen der Polizei bohren und lassen an der eigenen Wahrnehmung zweifeln. Ist ihnen jemals etwas an ihm merkwürdig vorgekommen?

Hinzu kommt, dass Robert und James beste Freunde sind. Zwar besteht zwischen ihnen ein erheblicher Altersunterschied, doch Robert hatte in ihm einen väterlichen Vertrauten gefunden, mit dem er einiges unternommen hat.

Damit hat Richard Chizmar ein bedrückendes Ambiente geschaffen, das sich häufig in der Realität zeigt. Ein gewalttätiger Serienverbrecher wird aufgegriffen und im sozialen Umfeld hat niemand etwas geahnt. War er wirklich so nett oder hat man es sich eingeredet? Wurde man all die Jahre über getäuscht oder liegt ein fataler Irrtum vor?

Hinzu kommt, dass die Geschichte ausgerechnet im Dezember spielt. Die strahlende Vorweihnachtspracht wird von den Ereignissen ausgehöhlt, die bizarre Stimmung legt sich in jede Falte und wird zusätzlich mit echter Angst ausstaffiert, weil niemand weiß, ob nicht doch noch Lebensgefahr besteht.

Außerdem arbeitet Chizmar die Nostalgie des letzten Monats des Jahres hervor. Man erinnert sich, man schließt ab, man freut - unter normalen Umstände - auf das Neue, was kommen mag.

Der Handlungsbogen ist somit ruhig aufgebaut. Das Grauen kommt von innen und vermischt sich mit dem trüben Wetter, welches der allgemeinen Stimmung gleicht.

Die Kapitel sind tageweise aufgebaut und es werden vom dritten Dezember an die Ereignisse bis Ende des Monats festgehalten. Beinah täglich begleitet man Robert, ist bei ihm, als er sich erinnert, zu neuen Erkenntnissen kommt und sich mit Polizei und Presse auseinandersetzt.

Am Ende beißt das Leben brutal zu und der Autor hat sich einen Kniff überlegt, der mich staunen ließ. Die Stelle habe ich ungläubig ein zweites Mal gelesen.

Mir hat Chizmars "Ein langer Dezember" gut gefallen. Ich mochte die Ambivalenz zwischen der Jahreszeit und der Erkenntnis, dass man jahrelang mit einem Killer Tür an Tür gewohnt hat.

Im Endeffekt ist es die Geschichte über einen erschütternden Dezember, der nicht nur das alte Jahr, sondern ein ganzes Leben in realistischem Horror versinken lässt.