Rezension

Ein Familienvater zeigt uns die Welt

Im Sommer - Karl Ove Knausgård

Im Sommer
von Karl Ove Knausgard

Bewertet mit 4 Sternen

Dies ist der vierte und letzte Teil der Jahreszeiten-Bände von Ove Knausgård. Er bleibt seinem Prinzip treu und führt uns durch seine Gedankenwelt in Form von Essays und Tagebuchnotizen. Auch diesmal nimmt er scheinbar belanglose Gegenstände und Lebewesen wie Rasensprenger, Schnecken, Fledermäuse oder Speiseeis unter die Lupe und stellt sie wie ganz einzigartige Geschöpfe dar. Wenn wir Früchten wie Johannisbeeren bisher keine besondere Bedeutung beigemessen haben, dann wird uns spätestens nach der Lektüre klar, welche Exklusivität sie besitzen.

Der Autor beschreibt zunächst die äußere Erscheinung und geht dann über zu den Erinnerungen, Stimmungen und Gefühlen, die die Dinge bei ihm auslösen. Dabei gibt er wie gewohnt viel Persönliches preis wie seine Schamgefühle oder Ängste vor autoritären Personen. In diesem vierten Teil zeigt er sich literarisch noch experimentierfreudiger als zuvor. So schlüpft er mitten in seinem Tagebuch in die Rolle einer Norwegerin und erzählt uns eine völlig fremde fiktionalisierte Geschichte, die im Zweiten Weltkrieg spielt. Mit diesem Part konnte ich allerdings nur wenig anfangen – er fiel zu sehr aus dem Rahmen.

Knausgårds besondere Stärke liegt für mich in den ungewöhnlichen Assoziationen und fantasievollen Vergleichen, zum Beispiel zwischen Kirschbäumen vor der Blüte und unscheinbaren Schülern, die ihre Pracht noch nicht entfaltet haben, oder zwischen Wespennestern und griechischen Stadtstaaten. Immer wieder war ich gespannt darauf, welchem Objekt er als nächstes seine Aufmerksamkeit schenken und ein Kapitel widmen wird. Die wunderschönen Aquarelle von Anselm Kiefer runden das schön gestaltete Buch ab und sind eine wahre Augenweide.