Rezension

Ein Gedichtklassiker in neuem Gewand

Im Bilderbuchland -

Im Bilderbuchland
von Robert Louis Stevenson

Bewertet mit 5 Sternen

Robert Louis Stevenson kennen die meisten von uns wohl durch seine Romane: „Die Schatzinsel“ oder „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Dass Stevenson auch Kindergedichte schrieb, war zumindest mir aber vollkommen unbekannt. Eines seiner Gedichte finden wir in diesem traumhaften Bilderbuch.

„Wenn abends hell die Lampen blitze, Erwachsene am Feuer sitzen. Dann singen sie und reden viel, nur leider spielen sie kein Spiel.“

Und schon gar nicht mit dem kleinen Jungen, der da versteckt hinter dem Sofa kauert. Ohne Aufmerksamkeit begibt er sich ins Land seiner Phantasie.

„Gleich hinterm Sofa liegt der Wald, in dem des Jägers Büchse knallt.“

Hier spielt das Kind mit all den Wesen, die es aus seinen Bilderbüchern kennt. Reitet als Ritter über Felder. Als Abenteurer durch den Dschungel. Begleitet von Feen und Zwergen, freundlichen Tieren, Riesen und Drachen. Bis…

„Dann ist mit Abenteuern Schluss, weil ich leider zu Bett gehen muss.“

Eine zauberhafte Traumreise durchs Bilderbuchland

„Im Bilderbuchland“ ist eine zauberhafte Traumreise in die fantastische Gedankenwelt eines Kindes. Das in unbeachteten Momenten durch die Geschichten wandelt, die es aus Bilderbüchern kennt. In denen es Zuhause ist. Wo es Freunde hat.

Die Illustrationen von Susanna Sophie Hatkemper fangen die Stimmung des Gedichts herzlich-warm, aber auch fröhlich-wild ein. Zeigen all die Emotionen eines einsamen Kindes, das sein Alleinsein auch genießen kann. Das auf Abenteuer geht. Aus den Vollen seiner Phantasie schöpft. Dank der Erzählungen, die ihm schon mitgegeben wurden.

Die Reime begleiten fein und leise durch die Bilder. Transportieren die Liebe zu Geschichten; zu diesen ganz speziellen und geheimen Kinderwelten. Welche uns Großen meist verschlossen bleiben.

Manch Wendung mag altmodisch klingen. Manch Wort unzeitgemäß erscheinen. So stolperte ich durchaus über das Holzgewehr und des Jägers Büchse. Doch stammt das Gedicht aus einem über 135 Jahre alten Gedichtband. Da mag man ihm den Zeitgeist verzeihen. Ich selbst liebe es ja, Texte zusammen mit meinen Jungs in Kontext zu setzen. Mit ihnen über vergangene Zeiten zu reden. Um das Jetzt zu verstehen und die Zukunft besser zu gestalten.

Immerhin bleiben uns dank der Übersetzung von Klaus Modick Diskussionen über Indianer-Stereotypen erspart. Geschickt verwandelt er die Orignalpassage: „And I, like an Indian scout, Around their party prowled about.” in folgenden Reim : “Wie ein Spurensucher schleiche ich zu ihrem Lager vorsichtig.“

Außerdem bewahrt uns der deutsche Text vor der Erklärung, warum der Junge von einer „Nurse“ zu Bett gebracht wird. Lässt es einfach aus. Schreibt drumherum. Während die heimeligen, herzlichen Bilder liebevolle Eltern zeigen, die das müde gespielte Kind ins Bett bugsieren.

Das Originalgedicht „The Land of Story-Books” erschien 1885 im Gedichtband “A Child’s Garden of Verses”.