Rezension

Ein gelungener hist. Roman

The Vienna Writers – Sie schrieben um ihr Leben -

The Vienna Writers – Sie schrieben um ihr Leben
von J.C. Maetis

Bewertet mit 4 Sternen

Mit diesem historischen Roman begibt sich Autor J.C.Maetis auf Spurensuche nach seinen jüdischen Familienmitgliedern, die während der NS-Zeit in Wien gelebt haben. Er widmet dieses Buch der Familie seines Vater, zu der sowohl Opfer als auch Überlebende der Shoa gehören.

 

Der Autor beschreibt den Überlebenskampf der Familien Kraemer und Namal, die kurz nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschlands, mit falschen Identitäten ausgestattet und durch optische Veränderungen der Gesichter in Wien das NS-Regime knapp, aber doch überleben. So wird aus Mathias Kraemer Daniel Lendt und aus Johannes Namal Andreas Sieber. Zahlreiche Freunde und Helfer unterstützen die beiden Familien, obwohl sie damit ihre eigenen Leben aufs Spiel setzen. Unter den Unterstützern ist auch Josef Weber, ein Polizist, der mit einer Bardame liiert ist. Weber ist gewitzt und nagelt, um der Gestapo eins auszuwischen, sogar eigenhändig ein Kreuz an die Wohnungstüre einer jüdischen Familie.

 

Das Leben wäre um einiges leichter, wenn es sich der fanatische SS-Mann Heinrich Schnabel nicht in den Kopf gesetzt hätte, die Familien inklusive Josef Weber und seiner Freundin deportieren zu lassen. Langsam aber sicher, zieht sich die Schlinge um die beiden Familien zu, denn Schnabel lässt nicht locker. Er erpresst den Verleger Julian, der ihm Johannes Namen verrät. Aus welchem perfiden Grund Schnabel nun Johannes unter seinem falschen Namen Andreas Sieber als Dissident nach Sobibor schickt, ist nicht ganz klar.

 

Ist nun Johannes‘ Schicksal besiegelt? Und welche Rolle spielt der Lagerkommandant Meisel, der vor einiger Zeit einen dilettantisch verfassten Roman an Julian gesendet hat?

 

Meine Meinung:

 

Dieser historische Roman zeigt, dass es doch, wenn auch nur wenige Menschen gegeben hat, die Juden geholfen haben, in dem sie ihnen Unterschlupf gewährt oder ihnen ein paar Lebensmittel zugesteckt haben.

 

Dabei verwebt der Autor Fakten und Fiktion zu einem spannenden Katz-und-Maus-Spiel, das nicht immer zu Gunsten der Katze ausgeht. Wir begegnen historischen Persönlichkeiten wie Sigmund Freud, dem es nur mit Unterstützung aus dem Ausland gelingt, Wien zu verlassen. Seine betagten Schwestern werden im KZ ermordet.

 

Der Roman ist in zwei Handlungsstränge geteilt. Der eine spielt in Wien und der andere im KZ Sobibor. Beide sind sehr gut recherchiert und gekonnt erzählt.

 

Aufgefallen ist mir allerdings, dass auch Schnabel von Österreich spricht, das aber seit dem Anschluss 1938 zu existieren aufgehört hat und nunmehr als „Ostmark“ Teil von Nazi-Deutschland ist. Auch die Namensänderung von Mathias in Daniel halte ich für riskant, ist doch Daniel ein eher ungewöhnlicher Name zu dieser Zeit. Möglicherweise ist das den eingeschränkten Möglichkeiten des Fälschernetzwerks geschuldet. Für ziemlich unglaubwürdig halte ich die angedeuteten kosmetischen Operationen.

 

Die Geschichte wird abwechselnd von Mathias und Johannes erzählt. Zwischendurch kommt auch die Beobachterperspektive zum Einsatz. Das ermöglicht die Leser verschiedene Blickwinkel einzunehmen.

 

Sehr gut hat mir gefallen, dass jedes Kapitel mit einen Zitat Sigmund Freuds oder - sehr beklemmend - mit einem Auszug aus der aktuellen Gesetzen beginnt.

 

Fazit:

 

Gerne gebe ich diesem fesselnden historischen Roman 4 Sterne.