Rezension

Ein Genuss für Krimileseratten

Ich habe ihn getötet - Keigo Higashino

Ich habe ihn getötet
von Keigo Higashino

Bewertet mit 5 Sternen

Bei jedem neuen Krimi von Keigo Higashino den ich lese, nehme ich mir vor die Auflösung ganz allein zu entdecken. Es ist mir auch diesmal nicht gelungen! Obwohl ich eifrig (meiner Meinung nach) wichtige Hinweise markierte, war ich ratlos bis zum Schluss. Zu klug konstruiert, zu verwirrend ist die Geschichte über den Mord am unsympathischen Drehbuchautor Makoto auch diesmal. Und auch in “Ich habe ihn getötet” wirft Keigo Higashino die Regeln des 0-8-15 Krimis wieder ein Stück weit über Bord: gleich drei Verdächtige sind davon überzeugt Makoto getötet zu haben. Statt einem nicht auffindbaren Täter, gibt es also drei “Mörder”!

Makoto ist auch wirklich unsympathisch: immer auf seine Karriere fokussiert und auch in Beziehungen äußerst egoistisch, hat er eine ganze Reihe an “Feinden” um sich geschart. Da ist der eifersüchtige Bruder seiner jungen Ehefrau, sein eigener Manager und seine ehemalige Geliebte. Alle Drei wünschen Makoto die Pest an den Hals und alle Drei halten sich für seinen Mörder.
In den verschiedenen Abschnitten wird abwechselnd aus der Perspektive der Verdächtigen, die Geschichte seines Todes erzählt. Wie Makoto auf dem Weg zum Traualtar plötzlich zusammenbricht und nach kurzer Verwirrung klar wird, dass er vergiftet wurde.

Mich hat Keigo Higashino auch diesmal gut unterhalten. Die Geschichte ist perfekt aufgebaut und die Verwirrung durch die wechselnden Sichtweisen perfekt. Wir erfahren zwar immer die Wahrheit aus Sicht der jeweiligen Person, wie im echten Leben bekommen wir aber dabei nicht die Beobachtungen und Erlebnisse der Übrigen mit. So entstehen Lücken, die der Leser sich durch Logik und Aufmerksamkeit selbst erschließen muss. Ein Buch zum miträtseln durch und durch.

Ein wenig westlicher ist die Geschichte diesmal und von weniger Bezügen zu “typisch japanischer” Kultur durchzogen. Trotzdem merkt man den ganz eigenen Stil, die feinen Beschreibungen und auch die charakteristischen Protagonisten Higashinos. Immer wieder ein Genuss.

Auffallend ist für mich, dass in den Krimis von Higashino die Grenze zwischen Opfer und Täter häufig verschwimmen. Unsympathische Opfer und menschliche, sympathische Täter machen es schwierig die Geschichte wie einen “normalen” Krimi zu betrachten. Der Mord war verwerflich, natürlich, aber durch seine bösartige Charakteristik wünscht man Makoto unwillkürlich auch eine Strafe.

Ich müsste das Buch ehrlich gesagt noch einmal lesen, um die Auflösung der Tat hundertprozentig nachvollziehen zu können, die Lösungshilfe am Ende des Buches hat mir allerdings wirklich gute Dienste erwiesen.