Rezension

Ein großartiges Buch

Der Schüler Gerber - Friedrich Torberg

Der Schüler Gerber
von Friedrich Torberg

Friedrich Torberg entführt den Leser in das Wien um 1930. Er erzählt einfühlsam die Geschichte des Schülers Kurt Gerber, der kurz vor der Matura (=Abitur) steht.

Kurt ist ein begabter, leider aber ziemlich fauler Schüler. Die Eltern legen allerhöchsten Wert auf die Matura und setzen Kurt zusätzlich zu seiner Verliebtheit unter Druck. Lisa Berwald, das Ziel seiner Gefühle, erwidert diese nicht.

Außerdem liefert sich Kurt einen Machtkampf mit dem Mathematikprofessor „Gott Kupfer“. Als er im Abschlusszeugnis der achten Klasse zwei Nicht-Genügend in Kupfers Unterrichtsfächern erhält, sein Freund Benda stirbt und der Vater einen Herzinfarkt erleidet, ist der Leidensdruck für Kurt kaum zu ertragen.

Er darf zur Matura antreten, glaubt aber versagt zu haben. Die zynischen, menschenverachtenden Bemerkungen von „Gott Kupfer“ lassen ihn aus dem Fenster springen. Kurt ist sofort tot. Das Tragische ist, dass Kurt die Prüfung bestanden hat.

Friedrich Torberg schildert die Machtverhältnisse zwischen Schülern und Lehrern, die auch noch im Jahre 2015, wenn auch nicht mehr so extrem, latent vorhanden sind. Heute würde man dieses Verhalten Mobbing nennen und geeignete Schritte unternehmen.

Ich musste das Buch im Jahr VOR meiner eigenen Matura lesen. Es war recht beklemmend, da ich ein ähnliches Macht/Ohnmacht-Verhältnis mit meinem Latein-Professor hatte. Aus der Distanz von mehr als 35 Jahren, läuft es mit trotzdem noch immer kalt über den Rücken.