Rezension

Ein gut gelungenerer, unterhaltsamer, reichhaltiger Auftakt der Krimi-Reihe aus Cornwall.

Meer des Schweigens - Iris Grädler

Meer des Schweigens
von Iris Grädler

Bewertet mit 4 Sternen

Spannende Lebensgeschichten, grausige Morde. Ein prima Auftakt der Reihe, der Lust auf Mehr macht!

Hörbuch. Ungekürzte Ausgabe, Spieldauer: 12 Stunden und 22 Minuten, gelesen von Gabriele Blum.

Klappentext: „In der Bucht eines kleinen Küstenortes in Cornwall werden innerhalb kurzer Zeit ein toter Hund und die Leiche eines Mannes angespült, beide grausam verstümmelt. Der Mordfall bringt die Welt des friedlichen Dorfes empfindlich ins Wanken und verlangt Detective Inspector Collin Brown alles ab. Seine geliebte Bildhauerei und auch seine Familie kommen jetzt zu kurz.

Er findet heraus, dass der Tote ein schottischer Millionär war, über den niemand Genaueres zu sagen weiß. Eine Spur führt zu Anthony Polodny, dem kürzlich verstorbenen Sohn eines polnischen Einwanderers. Doch welche Verbindung bestand zwischen den so ungleichen Männern? Der Detective erhofft sich Hilfe von Elizabeth Polodny, die für die Beerdigung ihres Bruders aus Australien in die englische Heimat gereist ist. Bald wird klar, dass der Schlüssel zur Lösung des Falls in der Vergangenheit der Familie Polodny liegt. Eine blutige Tragödie, die jetzt, nach zwanzig Jahren, noch viel mehr Menschen das Leben kosten könnte …“

Auf einen Krimi, der in Cornwall spielt, wurde ich neugierig und holte gleich das Hörbuch. Eigentlich ist es weniger ein Krimi, eher ein (Frauen-)Roman, der tragische Schicksale der Menschen miteinander verwebt und anschließend währen der Ermittlungen unter die Lupe nimmt.

 Colllin Brown ist ein recht ungewöhnlicher Ermittler. Weit entfernt von typisch verkrachten Existenzen mit schrägen Charakterzügen, Krankheiten und Süchten anderer, bekannter Ermittler, ist er ein ganzer Kerl. Ein Anfang 40-Jähriger, kräftiger Mann mit roten Locken, der früher in der Großstadt sein Handwerk gelernt und ausgiebig ausgeübt hat. In Cornwall hat er eine intakte Familie: eine fürsorgliche und liebevolle Frau, zwei Söhne, Zwillinge im früheren Schulalter und eine noch jüngere Adoptivtocher aus Äthiopien. Das Schrägste ist an ihm vllt, dass er sich mit Kalkstein gerne beschäftigt. In seiner Freizeit entlockt er dem Stein die Figuren, die er im jeweiligen Steinblock zu erkennen vermag. Und er philosophiert gerne. Collin überlegt während Ermittlungen, was eine unglückliche Kindheit aus einem Menschen macht, was er als Erwachsener dann damit anfängt, und ob es eine ausreichende Grundlage für einen Mord ist, bzw. eine plausible Erklärung solcher Taten. Zu Collins Kollegen, die ihm offiziell unterstehen, pflegt er ein freundschaftliches Verhältnis. Dabei kann manchmal eine junge Kollegin im Büro im Bademandel und dem Tuch im nassen Haar auftauchen. Sein jüngerer Kollege, der ihm als Partner bei den Ermittlungen zur Verfügung steht, kann manchmal auch seine Freiheiten herausschlagen, aber all diese Dinge machen sie nur lebendig und sympathisch.

Es gibt einige Nebenhandlungsstränge, die sich dann ganz gut in die Haupthandlung fügen. Z.B. ist die Geschichte von Su, einer jungen, nicht so attraktiven Frau, die mit ihrer achtjährigen Tochter in einem kleinen Cottage wohnt und den Besitzer dessen, den Nachbarn Elroy liebevoll umgarnt, recht rührend. Aber Elroy bemerkt ihre Mühe nicht so recht und bringt eines Tages eine junge attraktive junge Frau mit, die bei ihm einzieht. Bald ist sein Kater tot, und er selbst in großer Gefahr.

Die Geschichte von Elisabeth Polodny, die vor zwanzig Jahren nach Australien ging und nun zurück ist, weil sie sich um das Erbe ihres Bruders kümmern soll, ist auch recht interessant. Sie ist mit der Geschichte ihrer Familie verknüpft: die Auswanderer aus Polen, die in der neuen Heimat kaum den Fuss fassen konnten.

Auch die Vorgeschichte von McFersson, dem toten Millionär aus dem Meer, ebenso wie das Leben von Anthony Polodny und seiner Ex-Frau, der Kunstgaleristin, ihre Liebesgeschichte, sind recht unterhaltsam und laden zum Nachdenken ein.

Die zu Anfang jedes Abschnitts stehende „Gebote“ lassen tiefe Einblicke in die kranke Psyche der Person, die bei den grausamen Ereignissen um die Familie Polodny ihre Rolle spielt hat.

All diese Geschichten fügen sich in ein harmonisches Ganzes.

Die Sprache, wie die Art der Stoffdarbietung, ist recht angenehm, rund, treffend, und zeugt vom nicht-infrage-zu-stellendem Können der Autorin.

Mein einziger Punkt: die Geschichte wurde etwas zu breit erzählt. Durchaus spannend und gekonnt, aber doch etwas zu breit.

Die Sprecherin Gabriele Blum hat sehr gut gelesen. Ich konnte mich wunderbar in verschiedene Figuren mit ihrer Hilfe hineinversetzen. Ob die kleine Ellie, oder ihre Mutter Su, oder auch die Collins Frau und seine Zwillinge, alle waren aus der Stimme von Gabriele Blum prima herauszuhören und problemlos wiedererkennbar.

Fazit: Ein gut gelungenerer, unterhaltsamer, reichhaltiger Auftakt der Reihe um Detective Inspektor Collin Brown aus Cornwall. Ich bin auf die Fortsetzung gespannt, die ich wieder als Hörbuch holen werde.