Rezension

Ein guter historischer Krimi

Ein angesehener Mann - Abir Mukherjee

Ein angesehener Mann
von Abir Mukherjee

Bewertet mit 4 Sternen

"Ein angesehener Mann" ist der erste Band einer Reihe um Captain Sam Wyndham, der sich nur wenige Wochen nach seiner Ankunft in Kalkutta bereits mit dem Mord an einem hochrangigen Beamten befassen muss. Unterstützt wird er von Sergeant 'Surrender-Not' Bannerjee, einem Inder, und Inspector Digby, der die Einheimischen als unterlegen betrachtet. Diese Kombination sorgt mehrfach für Spannungen; dazu kommt, dass die Ermittlungen dafür sorgen, dass auch das Militär ein Interesse an dem Fall entwickelt, was Wyndhams Arbeit noch komplizierter macht.

In vielerlei Hinsicht ist Wyndham ein Produkt seiner Zeit, auch wenn er recht moderne Ansichten vertritt und beispielsweise kein Überlegenheitsgefühl aufgrund seiner britischen Herkunft verspürt. Ein Charakter im Buch wirft ihm vor, dass dies noch passieren könnte, wie es vielen Engländern passiert, die erst staunend nach Indien kommen und sich dann an den alltäglichen Rassismus gegenüber den Einheimischen gewöhnen, aber ob es sich wirklich so entwickeln wird, werden wohl erst die Folgebände zeigen. In "Ein angesehener Mann" ist er sehr von den Ereignissen des Ersten Weltkrieges desillusioniert und obwohl er sich seiner hohen Stellung bewusst ist und sie seinem Untergebenen verdeutlicht, geht er recht vorurteilsfrei mit jenen um, denen er im Zuge seiner Arbeit begegnet - was natürlich nicht heißt, dass er dem Empire gegenüber nicht loyal ist. Trotz seiner Schwächen und Laster, die er offen eingesteht, und gelegentlich hartem Vorgehen ist er ein insgesamt sympathischer, interessanter Charakter. Die anderen Figuren waren ebenfalls gut ausgearbeitet; gerade Bannerjee mochte ich gerne und ich hoffe, dass er in den nächsten Büchern wieder eine große Rolle spielen wird.

Der Fall ist ziemlich undurchsichtig, was mir gefallen hat. Die Ermittlungen bewegen sich in mehrere Richtungen und es ist lange unklar, was die Motivation ist und wer hinter all dem steckt. Verdächtige gibt es mehr als genug und sie kommen aus den unterschiedlichsten sozialen Umständen, sodass dem Autor möglich ist, ein breites Bild der Situation in Kalkutta 1919 zu zeichnen. Die Polizeiarbeit war meiner Meinung nach realistisch dargestellt, vor allem in Bezug darauf, wie Wyndham zwischen verschiedenen Einflüssen gefangen war. Die Auflösung war überraschend, jedoch sehr stimmig und passend zur Geschichte.

Besonders gut fand ich, dass der Autor nicht nur den Fall, sondern auch das Leben in Indien ausführlich dargestellt hat. An ein paar Stellen überschüttet er den Leser geradezu mit Informationen, was ein wenig von der Haupthandlung wegführte, doch meistens waren sie gut in die Geschichte eingebettet. Der Rassismus den Einheimischen gegenüber wurde ausführlich beleuchtet und nicht beschönigt und auch die Unruhen in der Bevölkerung sind thematisiert. Es wird interessant sein zu sehen, wie das Setting in den nächsten Büchern benutzt werden wird.

FAZIT:
"Ein angesehener Mann" bekommt von mir vier Sterne. Es ist ein guter historischer Krimi, der einen packenden Fall und Einblicke in das Leben in Indien im Jahr 1919 liefert. Dazu kommen Charaktere mit Ecken und Kanten und eine schonungslose Ausleuchtung der Schwächen sowohl der Figuren als auch des Empires an sich.

Kommentare

hobble kommentierte am 24. Juli 2017 um 06:06

Klingt interessant