Rezension

Ein Haus und seine Bewohner*innen

Gott wohnt im Wedding - Regina Scheer

Gott wohnt im Wedding
von Regina Scheer

Bewertet mit 4 Sternen

Regina Scheer lässt in ihrem Roman "Gott wohnt in Weddding" ein Haus im Berliner Stadtviertel Wedding über dessen mehr als hunderjährige Geschichte erzählen und nimmt die Leser mit auf eine Zeitreise, von der Erbauung 1890 bis in die Jetztzeit. 

In dem Haus ist ein Kommen und ein Gehen, und wir erfahren die Lebensgeschichten der Bewohner aber auch der ehemaligen Mieter des inzwischen recht heruntergekommenen Hauses in der Utrechter Straße.

Nur Gertrud wurde 1918 in dem Haus geboren und lebte hier ihr ganzen Leben lang und ist somit die beständigste Mieterin des alten Gemäuers.

Ein Hauptprotagonist ist Leo Lehmann, ein Jude, der in dem Stadtviertel aufgewachsen ist, dann aber in der NS Zeit im Untergrund gelebt hat und später nach Israel auswanderte. Er ist mit seiner Enkelin nach Berlin zurückgekehrt, um das Erbe seiner verstorbenen Frau anzutreten und auf schmerzhafte Spurensuche zu gehen.

Laila, eine weitere Protagonistin bringt eine ganz andere Lebensgeschichte mit in das Haus im Wedding. Sie ist eine Sintiza, und mit ihr erfahren wir  mehr über das Schicksal der Sinti und Roma in Deutschland zur Zeit des Nazionalsozialismus bis heute. 

Die Autorin versucht gewisse Parallelen zwischen den  Juden und den Sinti und Roma zu ziehen. Es geht um die Verfolgung von Minderheiten um Flüchtlingsschicksale, und sie beschreibt in der heutigen Zeit z.B ausführlich die Schwierigkeiten bei Behördengängen oder bei der Jobsuche. Laila fungiert als Vermittlerin bei ihren Landsleuten und leistet auch Gertrud soviel Hilfestellung im Alltag, dass diese noch alleine zurechtkommt. 

Ich habe einen riesigen Respekt vor der Recherchearbeit, die Regina Scheer hier geleistet haben muss. Leider habe ich das Buch mit seinen unzähligen Themen als etwas überfrachtet empfunden. Es war wirklich sehr interessant aber auch sehr anstrengend für mich, was sicher an der Vielzahl der Themen und Personen lag. Ich glaube es hätte mir besser gefallen, wenn die Autorin ihren Fokus entweder auf die Juden oder auf die Sinti und Roma gelegt hätte und nicht beides gleichzeitig.

Trotzdem mochte ich das Buch, und der Schreibstil von Regina Scheer hat mich mitgerissen und berührt.