Rezension

Ein heikles Thema gut recherchiert

Der Fall Loos - Christopher Long

Der Fall Loos
von Christopher Long

Bewertet mit 5 Sternen

Der Autor hat einen Aufsehen erregenden Prozess wieder in das Gedächtnis gerufen: Der Architekt Adolf Loos (der übrigens keine entsprechende Ausbildung hatte) wurde 1928 wegen Missbrauchs minderjähriger Mädchen vor Gericht gestellt.

Penibel recherchiert Christopher Long die Presseberichte sowie die Akten und Protokolle (soweit noch erhalten). Gleich zu Beginn fällt auf, dass die Polizei schlampig ermittelt hat. Es scheint Weisungen von ganz oben gegeben zu haben. Das Umfeld von Loos, Peter Altenberg, Egon Schiele, Oskar Kokoschka und auch Karl Kraus, ist mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert.

Die Grenzen zwischen Kunst und Missbrauch von Kindern war zu jener Zeit fließend. Das Buch stellt das Sittenbild von Wien in der frühen Zwischenkriegszeit dar. Der Kampf zwischen „Reaktionären“ und „Modernen“ spitzt sich zu (und wird dann 1934 im Bürgerkrieg münden).

Im Schatten des Prozesses um die Ereignisse von Schattendorf und dem Brand des Justizpalastes, ist die Einstellung zu Recht und Obrigkeit gespannt.

Nicht mehr wirklich eruierbar ist, ob Loos den ihm zur Last gelegten Missbrauch tatsächlich begangen hat.