Rezension

Ein Krimi, bei dem man zwischendurch das Atmen vergisst!

Das Haus am Moor - Heike Denzau

Das Haus am Moor
von Heike Denzau

Bewertet mit 5 Sternen

Kaum ist Kriminalhauptkommissarin Lyn Harms aus ihrer einjährigen Elternzeit in den aktiven Dienst zurückgekehrt, schon erwarten sie zwei schreckliche Verbrechen: Die Entführung des 11-jährigen Theo und die Ermordung einer jungen Frau aus seinem direkten Umfeld. Zwei jugendliche Ausreißerinnen aus einem Kinderheim lenken dabei den Fall noch einmal in eine ganz andere Richtung.

Verdächtige für Theos Entführung sind schnell gefunden: Sein älterer Bruder Sören,seine getrennt lebenden Eltern, die neue Partnerin des Vaters. Doch wer hat ein passendes Motiv für so eine Entführung? Und was hat der Mord mit dem ganzen zu tun?

In diesem 7. Band rund um die Kommissarin Lyn Harms, lässt sich die Autorin nicht viel Zeit mit Geplänkel, sondern wirft uns Leser direkt mitten ins Geschehen. Es geht Schlag auf Schlag und schon nach ein paar Sätzen erwartet uns die erste Überraschung, sodass einem gar nichts anderes übrig bleibt, als weiterzulesen und zu ergründen, was hinter dieser Situation steckt. Zu Beginn ist alles sehr kryptisch und geheimnisvoll und schon nach einigen Seiten stellt man die ersten eigenen Theorien und Hypothesen auf, wie alles zusammenhängen könnte. Zu keinem Moment hat man das Gefühl, dass sich nicht alles sinnvoll zueinanderfügen würde, die Fäden der Geschichte werden so geschickt gesponnen, dass alles als großes Ganzes einen Sinn ergibt und sehr stimmig ist.

Die Perspektivwechsel der verschiedenen Kapitel machen es einem möglich in unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Geschehnisse zu blicken und sich seine eigene Meinung zum Geschehen zu bilden. Wir erfahren Hintergründe zu den verschiedenen Personen und haben so die Möglichkeit die Handlung zu rekonstruieren und die Puzzleteile langsam zueinanderzubringen.

Der detailverliebte Schreibstil der Autorin gibt einem außerdem direkt das Gefühl Teil der Situation zu sein. Man ist mittendrin und nicht nur bloß Zuschauer. Mit ihrem Schreibstil werden viele Emotionen erzeugt und man ist komplett involviert in die Handlung.

Immer wenn man als Leser das Gefühl hat auf der richtigen Spur zu sein, passiert etwas, was die gesamte Therorie über den Haufen wirft. Seite um Seite treibt die Autorin die Handlung voran und mehr als einmal blieb mir während des Lesens das Herz stehen oder ich habe vergessen zu Atmen. Mini-Cliffhanger am Ende der Kapitel treiben die Spannung teilweise ins Unermessliche.

Wie bereits schon in den sechs vorherigen Bänden dieser Reihe beweist die Autorin ein tolles Gespür für ihre Charaktere. Sowohl die Protagonisten als auch die Antagonisten rufen bei einem Gefühlsregungen sämtlicher Art hervor: Von Sympathie über Mitleid bis hin zu Abscheu. Gerade bei einer der verdächtigen Personen war ich immer wieder schockiert über die Kaltblütigkeit, das gefühllose Handeln und das völlig fehlende Schuldbewusstsein. Heike Denzau haucht ihren Charakteren einfach so viel Leben ein, dass man das Gefühl hat sie persönlich zu kennen.

Auch die Gefühle der Opfer werden so eindringlich beschrieben, dass man als Leser ihr Martyrium mitdurchleidet. Besonders die Sicht des entführten Theo und das Schicksal der beiden Ausreißerinnen haben mich zutiefst berührt und erschreckt.

Es fasziniert mich in dieser Reihe um Lyn Harms immer wieder, wie man sich trotz eines Kriminalfalls so wohl in einer Geschichte fühlen kann. Es ist jedes Mal wie nach Hause kommen, wenn man den Figuren und ihren charakteristischen Eigenheiten wieder begegnet. Die Charaktere sind einfach herrlich unperfekt und menschlich, sodass man sich gut mit ihnen identifizieren kann.

Besonders die Szenen rund um Lyns Familie gefallen mir unglaublich gut. Sie strahlen so viel Verbundenheit aus, zeigen den liebevollen Umgang untereinander, aber geben auch Einblicke in die Realität des Familienlebens, in dem nicht immer alles Friede Freude Eierkuchen ist, sondern es auch mal zu Zickereien und Auseinandersetzungen kommt.

Lyn selbst besticht sowohl in ihrem Privatleben als auch in ihrem Job als Polizistin durch ihre Menschlichkeit und Empathie, trotz all der Grausamkeiten, die sie in ihrer täglichen Arbeit schon erleben musste. Jeder Fall berührt sie immer noch und gibt alles Menschenmögliche um die Opfer zu retten und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Generell finde ich die Einblicke in die Polizeiarbeit sehr authentisch und interessant dargestellt.

Diese eingestreuten Familien- und Privatszenen geben dem Leser die Möglichkeit während der spannenden Handlung auch einmal Luft zu holen und das Adrenalinlevel wieder auf Normalniveau zu bringen.

Auch der Humor kommt in dieser Geschichte nicht zu kurz und es gibt immer wieder Augenblicke in denen man laut lachen und die ganze Anspannung des Kriminalfalls abfallen lassen kann.

Die Autorin hat sehr moderne Ansichten in ihrer Geschichte verarbeitet und räumt mit überholten Rollenklischees auf: So geht in dieser Geschichte als Beispiel der Vater in Elternzeit, kümmert sich um Kind und Haushalt und die Mutter geht arbeiten.

Zum Abschluss bleibt mir nur zu sagen, dass die Autorin sich selbst mal wieder selbst übertroffen hat und wir es hier fast eher mit einem Thriller als mit einem Krimi zu tun haben, der absolut nichts für schwache Nerven ist und bei dem man während des Lesens häufig mal das Atmen vergisst. Ich kann es kaum erwarten den nächsten Teil der Reihe zu lesen!