Rezension

Ein nachdenklicher, langsamer Roman

In den Wald -

In den Wald
von Maddalena Vaglio Tanet

Bewertet mit 3 Sternen

„In den Wald“ von Maddalena Vaglio Tanet startet wie ein Spannungsroman, entwickelt sich dann jedoch sehr langsam und behutsam in eine nachdenkliche Erzählung über Lebenswege und Träume, enttäuschte Hoffnungen und verborgene Sehnsüchte. Nicht reizlos, aber durchaus mit Schwächen.

 

In einem kleinen italienischen Ort begeht eine 11-jährige Schülerin Selbstmord. Ihre Lehrerin, Silvia, der das Mädchen ans Herz gewachsen ist, verkraftet diese grauenvolle Entwicklung überhaupt nicht und versteckt sich in einer Übersprungshandlung im Wald. Während ihre Familie und ihr Umfeld nach ihr suchen, reflektiert Silvia nicht nur über das, was zur Tat ihrer Schülerin geführt hat, sondern auch über ihr eigenes Leben – die Kindheit im Internat, das Verhältnis zur Familie, ihren Status als Alleinstehende.

 

Zu Wort kommen neben Silvia noch viele weitere Stimmen: Menschen aus dem Dorf wie auch Familienangehörige. Sie alle haben ihre eigenen Päckchen zu tragen, sodass die Geschichte immer wieder von der Handlung um Silvia abrückt und andere Pfade erforscht. Diese Vielstimmigkeit hat zwar ihren ganz eigenen Reiz, zeigt sie doch eine große Bandbreite von Biographien und den Wert eines Lebens, das auf viele unterschiedliche Arten verlaufen kann. Zugleich nimmt diese Vielfalt an Perspektiven dem Buch jedoch auch den Fokus. Hier geht es mal um Gewalt in der Familie, dort um Eheschwierigkeiten, dann wieder um Entwurzelung und Umzug in jungen Jahren, um Krankheiten und Mobbing. All diese Bereiche tangieren die Sphäre der Hauptfigur Silvia, aber eine echte Protagonistin ist sie nicht, wie sie dort passiv im Wald sitzt und über weite Strecken anderen Figuren das Feld überlässt.

 

„In den Wald“ ist ein durchaus interessanter Roman, der einen jedoch nach der Lektüre eher ratlos zurücklässt. Da der Text von hier nach dort mäandert, ist beim Zuschlagen des Buchs nicht so recht klar, welche Aussage es nun eigentlich transportieren wollte. Wer nachdenkliche Texte mag, wird „In den Wald“ aber vielleicht gerade aufgrund seiner unaufgeregten und beinahe dahinplätschernden Art zu schätzen wissen.