Rezension

Vielerlei Einsamkeit

In den Wald -

In den Wald
von Maddalena Vaglio Tanet

Bewertet mit 4 Sternen

Zwei eng miteinander verknüpfte Ereignisse bilden den Auslöser für eine Vielzahl von Miniaturen, die ein prägnantes Bild von den Lebensverhältnissen im italienischen Piemont der siebziger Jahre liefern. 

Eine Elfjährige, lernschwach und verstört durch die Wirren ihrer früh einsetzenden Pubertät, begeht Selbstmord. Ihre Lehrerin, ältlich, einsam, kinderlos, engagiert in ihrem Beruf, sieht sich verpflichtet, die Eltern über ihr fortgesetztes Schwänzen zu informieren und gerät angesichts der Folgen in einen emotionalen Ausnahmezustand und verbirgt sich über Tage in einem unzugänglichen Waldgebiet. 

Im Folgenden lässt sich beobachten, wie die Umgebung auf dieses nie dagewesene Geschehen reagiert: Jung und Alt, Familienangehörige, Freunde und auch nur entfernt Bekannte sind involviert, Menschen aus Dorf, Kleinstadt und der nächsten Großstadt werden touchiert. Jede dieser menschlichen Miniaturen, dargestellt in kurzen Kapiteln, wird ergänzt durch eindringliche Schilderungen der in Verwirrung und Verwahrlosung versinkenden Lehrerin, bis ein Schüler, erst kürzlich aus gesundheitlichen Gründen aus der norditalienischen Metropole zugezogen, sich für sie verantwortlich fühlt und seine eigene Einsamkeit in der der erwachsenen Frau gespiegelt sieht.

Der Wald wird so zur Metapher für die umfassende Isolation des Individuums, der aber auch Schutz zu bieten vermag vor der Aggression und der Anspruchshaltung einer unbarmherzigen Gesellschaft.

Beeindruckend der Sprachgestus dieses Debüts: knapp, nüchtern, karg, dann wieder poetisch mit treffenden Sprachbildern, die lange im Leser nachklingen.