Rezension

Ein originelles Fantasy-Abenteuer

Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O. - Neal Stephenson, Nicole Galland

Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.
von Neal Stephenson Nicole Galland

Im Jahr 1851 verschwand die Magie aus der Welt. Das Department of Diachronik Operations, kurz D.O.D.O., ist eine Geheimorganisation der amerikanischen Regierung, die mit Quantenphysik, Linguisten und nicht zuletzt Hexen, sich zum Ziel gesetzt hat, die Zauberei zurück zu holen. Tatsächlich ist dieses Unterfangen ein gefährlicher Job, denn um ihr Ziel zu erreichen müssen sich der Agent Tristan Lyons und die Linguistin Melisande Stokes auf gefährliche Zeitreisen begeben, welche jede Menge Unerwartetes und riskante Abenteuer bergen.

Ich gebe es zu, schon alleine das Cover dieses 860 Seiten starken Fantasy-Wälzers mit dem wohlklingenden Titel “Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.” hat mich für sich eingenommen. Neal Stephenson ist mir durch seine Science-Fiction Bücher, mit denen er zu den Hauptvertretern des Cyberpunk zählt, auf jeden Fall ein Begriff und dennoch habe ich es bisher nicht geschafft etwas aus seiner Feder zu lesen. Das musste natürlich schleunigst geändert werden und so kam es mir ganz gelegen, dass sein Gemeinschaftswerk mit Nicole Galland vom Goldmann Verlag Ende 2018 in der deutschen Übersetzung publiziert wurde.

Bereits der Aufbau des Romans verspricht ein ganz abgefahrenes besonderes Leseerlebnis. Ein großer Teil der Handlung wird aus der Perspektive der Linguistin Melisande Stokes erzählt und je weiter man in der Geschichte vorankommt desto mehr Ebenen werden hinzugefügt. So gibt es Tagebucheinträge von der Frau des Wissenschaftlers Rebecca East-Oda, Briefe der Hexe Gráinne aus dem 19. Jahrhundert, Einträge im Intranet des D.O.D.O. sowie Personalakten, Chatverläufe, Einsatzberichte und diverse Briefverkehre ebenso wie heroische Verse zu entdecken.

Besonders der humorvolle Zungenschlag von Melisande Stokes machte den Roman für mich zu einem unterhaltsamen Pageturner, den ich einfach nicht mehr aus der Hand legen wollte. Schmunzler und Lacher sind also garantiert und ein leichter Einstieg in die komplexe Materie des Romans ist dadurch auch noch gegeben. Gemeinsam mit Melisande lernen wir den Agenten Tristan Lyons kennen, der sich zu Beginn der Geschichte vor allem durch seine Geheimniskrämerei und dem Ausdruck »Verschlusssache« auszeichnet. Mit einer zunehmender Vertrauensbasis erhält Melisande jedoch nach und nach einen tieferen Einblick in die Mission von Tristan und schon bald befinden sich die beiden mitten in einem aufstrebenden Unternehmen, dem Department of Diachronik Operations (D.O.D.O.), das von der Regierung streng geheim gehalten wird und dessen Ziele die Wiedererweckung und nutzbringende Einsetzung von Magie sind.

Äußerst gut gefallen hat mir die Darstellung der Hexen in diesem Roman. Sie sind allesamt selbtsbewusste und taffe Frauen die soweit dies zu ihrer jeweiligen Lebenszeit möglich ist, ein selbstbestimmtes Leben führen. In der Gegenwart bekommen wir es vor allem mit der Hexe Erzebet zu tun, die ihr Leben kurz vor der Vernichtung der Magie durch einen Zauberspruch verlängerte um schließlich dabei zu helfen die Magie wieder zurück zu holen. Durch die jahrzehnte währende Wartezeit ist Erzebet zu einer recht miesepetrigen Frau herangereift die man durch ihre schrullige Art und Weise einfach nur lieb haben kann.

Jede Ecke und jeden Winkel der komplexen Geschichte von Neal Stephenson und Nicole Galland zu entdecken bereitete mir unglaublichen Spaß. Leider lässt sich für mich jedoch schwer feststellen welche Passagen von welchem Autor stammen. Aufgrund der Vita der beiden Schreiber kann man davon ausgehen, dass Neal Stephenson sich um den Science Fiction Part kümmerte und Nicole Galland für die historischen Hintergründe verantwortlich ist. Für mich machte der Erzählstil einen in sich stimmigen Eindruck der durch die verschiedenen Darstellungsweisen (Berichte, Chatprotokolle, Tagebucheinträge, Briefe) aufgewertet wurde.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass sich das Autorenduo zwischendurch zu ausschweifenden Erzählungen hinreisen ließ, die man bestimmt etwas knackiger einbringen hätte können um die dadurch entstandenen Längen zu vermeiden.

Fazit

Ein originelles Fantasy-Abenteuer das durch wissenschaftliche und historische Einflüsse polarisiert und mit einem heiteren Augenzwinkern daher kommt.