Rezension

Ein Pfarrer als Amokläufer - und das Gewissen eines Journalisten ...

Outback - Fünf tödliche Schüsse. Eine unfassbare Tat. Mehr als eine Wahrheit - Chris Hammer

Outback - Fünf tödliche Schüsse. Eine unfassbare Tat. Mehr als eine Wahrheit
von Chris Hammer

Bewertet mit 4.5 Sternen

Martin Scarsden kommt mit dem Auftrag nach Rivers End, ein Jahr nach dem Amoklauf des anglikanischen Ortspfarrers eine Reportage über die traumatisierte Stadt  zu schreiben. Das Gerichtsverfahren hat noch nicht stattgefunden und bisher gibt es mehr Vermutungen als Fakten zu der erschreckenden Tat. Reverend Swift war an einem Sonntagmorgen im Ornat aus der Kirche getreten, hatte vor aller Augen gezielt mehrere Einwohner getötet und sich anschließend vom Ortspolizisten erschießen lassen.

Wer hier lebt, ist entweder Viehzüchter oder Einzelhändler.  Scarsden findet eine Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch vor mit Post, Kirche, Pub, wenigen Geschäften und einem Polizeiposten. Die Gegend ist jedoch dünn besiedelt, und die Jobs im Ort stehen und fallen mit dem wirtschaftlichen  Erfolg der Farmer. Während vor Hitze alles stillzustehen scheint, fragt Scarsden sich, wovon die Ladeninhaber überhaupt leben können. Er trifft zunächst auf Mandy, die zurückehrte,  als ihre Mutter starb, und Rivers End offenbar nicht loslassen kann. Wie viele Einwohner kann Mandy ihr Bild von Byron Swift nicht mit dem vereinbaren, was in der Presse über ihn berichtet wurde. Swift soll ein verurteilter Pädophiler gewesen sein; die Jugendlichen hielten allerdings große Stücke auf ihn und schließen diesen Verdacht entschieden aus.

Scarsden war Korrespondent für den Gaza-Streifen und hat ein traumatisches Erlebnis hinter sich, das ihn nicht nur die psychische Gesundheit, sondern auch seinen Job gekostet hat. Der Journalist scheint der passende Mann zu sein, um zu recherchieren, warum ein anglikanischer Pfarrer ein so guter Schütze sein konnte und warum er seine Opfer offenbar gezielt auswählte. Martin Scarsden  wirbelt  bei seiner Recherche auf, welche Tragödien im Ort seit Jahrzehnten verschwiegen wurden und die Beteiligten bis heute aneinander ketten. Es findet sich eine  Zeugin, die bisher nicht ausgesagt hat und die  angeblich Swifts letzte Worte auf der Kirchentreppe gehört haben soll. Eine spannende, hochkomplexe Handlung enfaltet sich, in der es um Männerbünde geht, um falsche Verdächtigungen, Schweigegeld, und in der einige Beteiligte reichlich durchgeknallt wirken.

Chris Hammer stellt als erfahrener Journalist in seinem komplexen Thriller neben den Konflikten einer australischen Kleinstadt die journalistische Ethik in den Mittelpunkt. Scarsden könnte über Rivers End eine  typische Sensationsgeschichte für die Boulevard-Presse  schreiben, stattdessen sammelt er alte Geschichten und Augenzeugenberichte, um den geheimnisvollen Fall zu lösen. Hammer spielt mit seinen Lesern, führt sie wiederholt auf falsche Fährten und zwingt sie, plausibel klingende Erklärungen immer wieder zu revidieren. Historischer Hintergrund der Handlung ist  die reale Dürre von 2008/2009. Auch Scarsden  lässt  sich offenbar  zu leicht  verführen, als Fakten zu zitieren, was angeblich alle sagen, ohne jede Äußerung vorher zu überprüfen. In seinem Beruf wird Fairness nicht belohnt, auch das wird  der Journalist  im Laufe der komplexen Geschichte erfahren. Entscheidend für die Lösung wird u. a. der Kartenausschnitt vorn im Buch sein, der eine Vorstellung vermittelt, wie die Grundstücke im Verhältnis zum Ort liegen und wem was gehört.