Rezension

Ein sehr spezielles Buch

Träume Digitaler Schläfer - Anja Kümmel

Träume Digitaler Schläfer
von Anja Kümmel

Bewertet mit 3 Sternen

In ungewöhnlich bildhafter Sprache wird hier sehr eindringlich eine düstere Welt beschrieben.

Nach dem dritten Weltkrieg ist die Zivilisation weitgehend zerstört. Die Geschlechterrollen wurden aufgehoben. Es gibt keine Männer oder Frauen. Alle Menschen denken von sich als "Es". Fortpflanzung wird von der Regierung maschinell geregelt und ist für normale Bürger kein Thema mehr.
In dieser verstörenden Welt leben Ashur und Elf, zwei XX -Menschen, die sich eigentlich kaum kennen, aber sich irgendwie verbunden fühlen. Beide haben sehr realistisch erscheinende Träume von längst vergangenen Zeiten. Und in diesen Träumen kennen sie sich, sind Freundinnen, Schwestern oder sogar Geliebte.
Bis sie in der realen Welt zusammenfinden, müssen sie einiges erleiden. XX- Menschen sind selten und werden gejagt. Das Leben ist gefährlich.

Man taumelt durch die seltsamsten Szenarien. Ein Großteil der Bevölkerung ist süchtig nach irgendwelchen Drogen, oder auch nach digitalen Reisen. Menschen können sich mit dem Netz verbinden. Die Grenzen zwischen realer und digitaler Welt verschwimmen. Manchmal weiß man nicht genau, passiert das jetzt wirklich, oder digital oder ist es drogenverzerrte Wahrnehmung.
Das ist zweifelsohne interessant, lässt aber den Leser die meiste Zeit verwirrt hinterherstolpern. Dazu kommt, dass man grundlegende Informationen zu dieser Welt und ihren Regeln nur sehr sparsam nach und nach bekommt. Manchmal sind die Informationen sogar widersprüchlich, was bei mir das Gefühl hinterlassen hat: Das ist spannend und originell, aber so wirklich schlüssig ist es nicht. Da fehlt noch das ein oder andere an theoretischem Hintergrund, um diese Welt glaubwürdig zu machen.

Vermutlich ging es der Autorin gar nicht so sehr um ein glaubwürdiges Endzeitszenario. Im Vordergrund stehen die Gedanken zur Geschlechterrolle, zum Selbstverständnis vielleicht sogar zur Evolution, was mir sehr gefallen hat und nachdenklich stimmt.
Andererseits kann ich ein Buch, bei dem ich die halbe Zeit das Gefühl habe, ich verstehe es nicht, auch nicht richtig gut finden. Dies ist ein sehr spezielles Buch für ein vermutlich sehr spezielles Publikum.