Rezension

Ein starker, emotionaler sechster Band der Reihe

Dirty Cops - Adrian McKinty

Dirty Cops
von Adrian McKinty

Bewertet mit 5 Sternen

In der Coronation Road von Carrickfergus/Nordirland lebt man als Katholik unter Protestanten länger mit festen Gewohnheiten. Für Seargent Sean Duffy hieß die Morgenroutine bisher: Kaffee, Zigarette, unter dem PKW nach einer Bombe suchen, zum Dienst fahren. Fast 20 Jahre Polizeidienst haben selbst an Duffy genagt. Duffys erweitertes Morgenritual heißt nun: Kaffee, Zigarette, Asthma-Medikament inhalieren, Bombe suchen, den „Beemer“ starten. Duffy und seine Lieblingskollege McCrabban ermitteln in Belfast im Fall eines Mordes per Armbrust. Wer greift in einer Stadt zur Armbrust, in der tonnenweise Waffen im Umlauf sind? Deauville, das Opfer, hat nach kurzer Tätigkeit in einer Reserve-Einheit der irischen Polizei im Ausland mit Postraub und Drogenhandel eine Karriere als Schwerkrimineller hingelegt. Sich nun als neuer Dealer in Belfast niederzulassen, scheint eine der schlechteren Ideen Deauvilles zu sein. Die Reviere sind fest unter den paramilitärischen Einheiten der Bürgerkriegsparteien verteilt, sie kassieren Schutzgeld und bekämpfen sich mithilfe von Tarnorganisationen bis aufs Blut. Typisch für Duffy, scheint auch dieser Fall so zu verlaufen, dass der Ermittler an einem Faden zieht und damit an höherer Stelle ein Erdbeben auslöst. Als im Prolog Duffy von einem Erschießungskommando der IRA in einen Wald bei Belfast getrieben wird, dachte ich, was für ein bescheuerter Tod, sollte Duffy das letzte seiner vielen Leben verspielt haben?

Auch in Duffys Privatleben gehen die Wogen hoch. Er lebt in seinem alten Haus mit Beth und dem gemeinsamen Baby Emma. Beth will weg aus der Region Belfast, endlich keine Angst mehr um sich und ihre Familie haben. Doch die Coronation Road ist Duffys persönliches Revier, hier kennt er Leute, die ihm einen Gefallen schulden und ihn mit Informationen versorgen. Duffy ist schwer vorstellbar in einem vom Schwiegervater spendierten Bungalow mit Doppelgarage. Beth hat als Botin im Grunde nur die unbequeme Wahrheit ausgesprochen. Die Region ist wirtschaftlich am Ende, an die 20 000 Arbeitsplätze sind verloren gegangen und das Land geht vor die Hunde. Außer Auswandern, Polizist werden oder mit Drogen handeln gibt es kaum Optionen. Lange genug hat der Gedanke an Duffy genagt, dass es drüben in Schottland keinen Bürgerkrieg gibt. Kollege MacCrabban zählt die Jahre bis zum Pensionsanspruch, und deutet den bevorstehenden Abschied von zwei pflichtbewussten Polizisten an, deren Talente allein die Abteilung für Interne Ermittlungen nicht zu schätzen weiß.

Adrian McKinty blättert noch einmal die Absurdität des Nordirland-Konflikts auf. Zwei-Wort-Sätze im Stakkato, Nebel, Regen, Schnee - Duffys unnachahmliche persönliche Tonspur aus Melancholie und Sarkasmus stimmt seine Leser auf bedeutende Umbrüche in Duffys Leben ein. Ein starker, emotionaler sechster Band der Duffy-Serie, hoffentlich nur ein ganz großer Cliffhänger, der zu einer Wiederbegegnung mit dem katholischen Bullen überleitet.