Rezension

Ein Trash-Krimi

Moin - Richard Fasten

Moin
von Richard Fasten

Bewertet mit 2.5 Sternen

Das Cover und der Buchtitel haben mich direkt angesprochen und ich musste dieses Buch einfach lesen. Ich komme selbst aus Norddeutschland und “Moin” kommt mir viel einfacher von den Lippen als “Hallo”, zudem mag ich Möpse sehr. Allerdings war ich dann doch enttäuscht, als ich feststellen musste, dass hier kein Mops mitspielt, nich einmal in einer kleinen Nebenrolle. Jedenfalls ist der Titel Programm und ganz häufig wird die typisch norddeutsche Begrüßung verwendet.
Des Weiteren habe ich mich gefragt, was wohl ein “Fastostseeküstenroman” sein soll. Dies ließ sich leicht klären. Das Buch spielt in Altwarp am Stettiner Haff, welches durch die Insel Usedom von der Ostsee getrennt ist. Das Wasser vor der Küste, an der dieses Buch spielt, ist demnach nur fast die Ostsee.
Dieses Buch ist meiner Meinung nach auch nur fast ein Kriminalroman. Fast, weil es hier zwar um den frisch gebackenen Polizist Boris Kröger geht, der es mit einer Reihe von Mordfällen in seiner Heimtstadt zu tun hat, aber nicht wirklich ermittelt wird. Denn zunächst wird er von seinem besten Kumpel Tarek auf einer Kutterfahrt mitgenommen, bei der er die Fische füttert, statt sie zu fangen und beide Zeuge werden, wie ein führerloses Boot Tareks Kutter rammt. Kurze Zeit später taucht die von Boris’ Oma heißgeliebte Thriller-Autorin Dora Pan auf und möchte bei “Kröger” für ihr neues Buch etwas über die Polizei-Arbeit recherchieren. Nun ist sie stets mit von der Partie und mischt nicht nur gehörig mit, nein sie wird von Boris’ Oma auch prompt in dessen Zimmer einquartiert. Kurz darauf werden Leichen gefunden, und die Ermittlungsarbeit könnte beginnen…
Tut sie aber nicht. Boris ist eben nur ein Provinz-Polizist und kein Kriminalbeamter. Die durch den ersten Fund herbeigerufenen Kriminalkollegen werden von ihm prompt verdächtigt, mit dem vermeintlichen Täter gemeinsame Sache zu machen und so werden Leiche #2 und Leiche #3 mal eben ganz schnell auf Drängen des Bürgermeisters versteckt – natürlich nur bis zum Dorffest, was sonst aufgrund der Funde nicht hätte stattfinden können. Da ich dieses Buch in der Hoffnung gelesen habe, einen schönen Krimi geboten zu bekommen, war ich wirklich enttäuscht, den Ermittler so handeln zu sehen.
Ohnehin war dieser Ermittler hier ein ganz großer Störfaktor. Frisch aus der Polizeischule entlassen und noch ganz grün hinter den Ohren, so dass er sich auch bei Oma Machentut, die ihn immer nur Kröger nennt, im Kapitänshaus einquartiert, statt auf eigenen Füßen zu stehen, so ist er charakterlich gesehen auch noch nicht ausgereift. Er ist der typische Junge, der in der Schule alle Mitschüler ärgert, um sich zu erhöhen und sein Selbstbewusstsein aufzubauen. So ist er auch als Erwachsener. Zitat: “[...] und freue mich, dass ich dem Martensen auf diesem Umweg noch einen mitgeben kann.” S. 72. Er lässt kein gutes Wort an niemandem und macht alle herunter, wobei er seine Position als Polizist ausnutzt und seine Ermittlungsmethoden arg darunter leiden. Zusätzlich lässt er sich aber, trotz des Berufes, der ihm Respekt einbringen sollte, einfach wie ein Tischtennisball hin und her schlagen: von seiner Oma, vom Bürgermeister, von der Autorin und und und. Am schlimmsten jedoch von seinen Kollegen, die lieber ihrer Freizeit fröhnen, statt ihren Dienst ordentlich zu tun. Ein wirklich sehr unsympatischer Charakter ohne Selbstbewusstsein. Gruselig.
“Tun” ist auch noch so ein Stichwort: Boris’ Oma wird von allen “Machentut” genannt, weil sie in jedem Satz an Stelle eines ordentlich konjugierten Verbs stets das Verb tun verwendet. Er tut machen. Er tut einkaufen. Gut, dieser Sprachgebrauch ist auf dem Land nichts Ungewöhnliches, doch so inflationär, wie dies hier verwendet wird, so redet wirklich niemand. Dennoch wenn jemand auf diese Weise spricht, dann wird meist das Verb tun in Verbindung mit dem Infinitiv eines anderen Verbs gebraucht. Aber Formulierungen wie “Man kann sich seine Enkel nicht aussuchen tun.” sind wirklich zu viel des Guten. Ohnehin ist der Umgang mit der Sprache sehr eigenartig in diesem Buch: Tarek spricht trotz seines Migrationshintergrundes perfekt Deutsch. Das einzige, was er immer hinter seine Sätze hängt ist ein “weissu”. Dies ist sehr unpassend zu seiner normalen ausdrucksweise und zieht die Figur und auch das Buch damit ins Lächerliche. Zudem wird sich gegenseit munter korrigiert: Boris Kröger verbessert den Dativ zu Genitiv. Dora Pan verbessert daraufhin Kröger. Die Oma verbessert den Bürgermeister, was den Namen ihres verstorbenen Mannes angeht, nennt ihn selber aber auch mal Hermann und Herbert. Ständig verbessert irgendwer irgendwen. Nur die Oma wird nicht verbessert. Diese geballte Ladung schlechter Sprache und Fokus auf die Sprache war am Anfang des Buches viel zu massiv und damit störend. Gegen Ende wurde es aber besser, wahrscheinlich da der Witz sich aufgebraucht hatte.
Mal ganz davon abgesehen, dass die Handlung lächerlich banal war, waren auch alle Charaktere lächerlich: Der Bürgermeister hört nichts mehr und sitzt nur im Gebüsch herum und kaut Minze, zudem ernährt er sich nur von Kartoffeln mit Pflaumen. Der eine Polizist ist verfettet, der andere baut ein Haus ganz allein und ist nicht mehr auf der Wache anzutreffen. “Die Plüschke” macht alles, um bei Tarek zu landen und hat einen Geschmack bei der Kleiderwahl, die jedem Auge schmerzen muss. Die Aufzählung könnte ewig so weitergehen. Der einzige vernünftige Mensch scheint Tarek zu sein, nur müsste er dafür sein “weissu” ablegen.
Das Buch zu lesen war im Grunde eine Qual. Ich habe es auch nur zu Ende gelesen, da es doch recht kurz war und gegen Ende die nervigen Faktoren nicht mehr so stark präsent waren, und – man mag es kaum glauben – wirklich Spannung aufkam. Das Ende war wirklich lesenswert mit einer Auflösung, die ich mir so niemals gedacht habe und schon wirklich krimireif war. Das gelungene Finale hat dem Buch in der Endwertung einen Punkt mehr gebracht.

Fazit: Moin ist ein Buch, das so einfach nicht ernst gemeint sein kann. Alles wird ins Lächerliche gezogen: die Sprache, die Charaktere, die Polizeiarbeit, die Landbevölkerung, Menschen, die einen Rollater verwenden müssen usw. usw. Der Hauptcharakter ist ein unsympatisches Aas, welches keinerlei Selbstbewusstsein hat und sich einerseits von anderen herumschubsen lässt, andererseits anderen eins reinwürgt, um sich besser zu fühlen. Dies ist nicht nur armselig, sondern vor allem eines Polzisten nicht würdig. Wenn dies humoristisch gemeint sein sollte, so hat es meinen Humor jedenfalls gründlich verfehlt. Vielleicht mag das Buch einem Freude machen, wenn man weiß was einen erwartet: Ein Trash-Krimi, keine ernste Ermittlung. Das Ende jedenfalls war gelungen. Dennoch werde ich – falls es eine Reihe werden sollte – die Finger von möglichen Fortsetzungen lassen.