Rezension

Ein ungewöhnlicher historischer Roman!

The Pleasures of Men - Kate Williams

The Pleasures of Men
von Kate Williams

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

London um 1840: 
Die Presse hat ihn den Mann der Krähen genannt. Ein brutaler Frauenmörder geht um und Catherine  Sorgeiul fühlt sich seltsam von ihm und seinen Morden angezogen. Die junge Frau lebt nach tragischen Ereignissen in ihrer Jugend bei ihrem Onkel in einem eher heruntergekommenen Haus in London East End. Ihre dunkle Seele, so glaubt sie ist in der Lage den Mörder zu finden. In langen Tagebuchartigen Einträgen nähert sie sich der Wahrheit an und merkt nicht was um sie herum wirklich vorgeht... 

 

 

Kate Williams schafft den Spagat zwischen Krimi und Historischem Roman so gekonnt als ob sie ihr leben lang nicht andres getan hätte. Die eigenen Kenntnisse in einen Roman um zu setzen der nicht nur glaubwürdig sondern auch vor allem gut erzählt ist, das gelingt ja nicht jedem. Ihr gelingt es sogar so gut das ich keinerlei Mängel finden konnte. Im gegenteil, der Roman ist vielleicht die größte Überraschung in diesem Lesejahr für mich. Erwartet hatte ich aufgrund des etwas reißerischen Covers eine kurzweilige Unterhaltung mit einem netten Krimi-Element. Bekommen habe ich etwas ganz anderes. 

Der Roman ist düster erzählt, das hängt sicher mit der Dunkelheit zusammen die die Hauptfigur empfinden. Ihre eigene Vergangenheit lässt sie sich selbst im negativsten Lichte sehen. Kein Wunder haben ihr doch alle immer wieder zu verstehen gegeben das sie eine Zarte Konstitution hat und im Grunde verrückt ist. Das wurde ihr sogar schon mehrmals  bewiesen. Die Verwandtschaft hat sie immer wieder abgeschoben. Genial wie Frau Williams diese Unsicherheiten und das Gefühl eine zutiefst schlechte Person zu sein nun mit den Morden verbindet die im Stadtviertel geschehen in der Catherine lebt. Diese versetzt sich in die Gedanken des Mörders, denn sie ist sich sicher durch ihre eigene dunkle Seele dem Mörder ganz nahe zu sein und vielleicht sogar heraus zu finden wer er ist. Dabei verschwimmen die Grenzen von Realität und Fiktion in der Handlung immer wieder sehr stark und ich musste selbst ganz schön aufpassen damit ich nicht vergesse das hier Catherine schreibt und ich nicht etwa die echten Ereignisse der Morde verfolge. Denn im Grunde weiß Catherine kaum etwas darüber. Sie kennt nur die wenigen Andeutungen und die Namen der jungen Frauen. Vieles entspringt ihrer Fantasie. 

Catherine ist geradezu unheimlich lebendig. Ich kann mir sehr gut vorstellen das so manche Frau ihr  durchaus ähnlich war. Der Autorin gelingt es eine äußerst realistisches Bild der Zeit in der der Roman spielt zu zeigen. Nun , sie ist Historikerin die sich sehr mit dem 19. Jahrhundert in Großbritannien auseinander gesetzt hat. Natürlich kennt sie sich daher sehr gut aus, dies aber so auf zu schreiben das es auch in einem Roman funktioniert, das ihr das gelingt ist die eigentliche Kunst dahinter. Vor allem auch Catherines Umfeld ihr Onkel, eine Tante und überhaupt die ganze Atmosphäre. Ich war mitten in der Handlung und konnte mich kaum davon lösen. Vor allem die Passagen in denen Catherine in die Gedanken des Mörders ein zu tauchen versucht, irgendwie war das schon leicht beunruhigend und man beginnt sich ernsthaft zu fragen ob mit ihr eventuell tatsächlich etwas nicht stimmen könnte. Es hat schon auch seine Gründe, die der Leser nach und nach erfährt. Auch welcher schuld sie sich bezichtigt Gerade dieser Aspekt ist wirklich fast schon beunruhigend realistisch beschrieben. 

Kein Wunder also das ihr Selbstwertgefühl nicht sehr hoch ist. Ich habe mir gewünscht das sie sich aus dem engen Leben mit ihrem Onkel befreien kann, gleichzeitig war ich auch unheimlich gespannt darauf zu erfahren was es mit den Morden auf sich hat. Sie erinnern entfernt an die von  Jack The Ripper auch wenn sie früher angesiedelt werden. Gerade diese Mischung aus doch irgendwie Kriminalroman gepaart mit Kritik an der viktorianischen Gesellschaft, das war einfach gelungen. 
Eigentlich ist dabei sogar eher nebensächlich was dahinter steckt, viel mehr sind die Figuren und das was die voreinander verbergen im Fokus. Hinter dem scheinheiligen Lächeln und den guten Manieren verbergen sich Dinge, die man von außen niemals auch nur erahnen konnte. Gerade dieser Aspekt war für mich sehr anziehend. Die Fassade bröckelt und dahinter zeigen sich die wahren Menschen. In einer Gesellschaft die nahezu pedantisch darauf bedacht ist ihr Gesicht zu wahren. 
Manchmal lies es sich erst einmal etwas verwirrend, weil man sich erst einmal an Chaterines  Sicht der Welt gewöhnen muss, aber wenn man dran bleibt kommt das sehr schnell. Kein einfacher Roman, den man mal eben so weg lesen kann, aber spannend und es lohnt sich einfach der sperrigen Catherine eine Chance zu geben. Denn man bekommt dann keine Handlung der man schon 100 Mal vorher begegnet ist, sondern wirklich mal etwas vollkommen anderes.