Rezension

Einblicke in die Londoner Künstlerszene zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die Liebenden von Bloomsbury – Vanessa und die Kunst des Lebens -

Die Liebenden von Bloomsbury – Vanessa und die Kunst des Lebens
von Stefanie H. Martin

Bewertet mit 4 Sternen

Das Buch erzählt die Geschichte der Künstlergruppe im Londoner Stadtteil Bloomsbury. Die Gruppe entstand maßgeblich durch die Initiative der Schwestern Virginia und Vanessa. Der 1. Band der Trilogie stellt Virginia Wolfe in den Mittelpunkt. Hier drehen sich die Ereignisse vorwiegend um ihre Schwester Vanessa, eine Malerin, die leider erst spät Anerkennung erfahren hat.

Vanessa Bell , verheiratet, ein Kind, trifft zufällig am Bahnhof auf den Kunstkritiker Roger Fry. Die beiden beginnen eine Liebesaffäre und Vanessa findet dadurch den Mut, Konventionen hinter sich zu lassen. Verbunden durch die Hingabe an die Malerei hat sie eine enge Bindung an den Maler Duncan Grant, der homosexuell ist. Vanessa verliebt sich in ihn, trennt sich von Frey und muss Duncan mit dessen Liebhabern teilen.

Ein ständiger Begleiter in ihrem Leben ist die Sorge um die Gesundheit Virginias. Diese Sorge teilt Vanessa mit Virginias Ehemann Leonard Wolfe, der seine Frau aufopferungsvoll pflegt. 

Vanessa hat sich von ihrem Mann nie scheiden lassen, der sich seinerseits anderen Frauen zugewandt hat.

Dieser Band endet mit der Geburt der gemeinsamen Tochter von Vanessa und Duncan.

Ich muss zugeben, wenn ich an die Künstlerszene zu Beginn des letzten Jahrhunderts gedacht habe, hatte ich immer Paris vor Augen. London war eindeutig ein blinder Fleck für mich. Dank des unterhaltsamen und informativen Romans der Autorin habe ich Zugang zu dieser in meinen Augen gelegentlich exaltierten Künstlergruppe gefunden.

Zu Beginn hatte ich ein wenig Probleme, mich innerhalb des Personenkreises zurecht zu finden, da ich den 1. Band nicht gelesen habe, was ich aber unbedingt nachholen will.

Vanessa ist für mich eine Persönlichkeit, für die ich gespaltene Gefühle habe. Ich habe sie für ihre Fürsorge gegenüber ihrer Schwester Virginia bewundert Sie stellt deren Bedürfnisse oft über ihre eigenen. Ihre Bereitschaft, Konventionen hinter sich zu lassen, fand ich mutig. Heute würde man sagen, sie hat sich selbst verwirklicht.

Ein wenig gram war ich ihr, als sie sich von Roger Frey abwendet, der sicher nicht einfach im Umgang war. Sie behandelt ihn schlecht, stößt ihn regelrecht von sich, ohne sich zu erklären. Fast schon Unverständnis hat da ihre Liebe zu Duncan Grant bei mir hervorgerufen. Manchmal hatte ich den Eindruck, sie liebt gerade das, was sie nicht heben kann. Sie akzeptiert Duncans Liebesverhältnisse zu anderen Männern, ohne selbst körperliche Erfüllung bei ihm zu finden. Erst der gemeinsame Wunsch nach einem Kind führt zur Vereinigung.

Mich haben die Einblicke in diese Welt fasziniert . Ein wenig fühlte ich mich an die 60ziger Jahre erinnert im Hinblick auf wechselnde Partnerschaften und dem Wunsch, altes abzuschütteln.

Der Roman liest sich sehr unterhaltsam und hat mir einen neue Welt eröffnet.