Rezension

Eine deutsch-französische Geschichtsstunde vom Feinsten!

Das Weingut. In stürmischen Zeiten - Marie Lacrosse

Das Weingut. In stürmischen Zeiten
von Marie Lacrosse

Bewertet mit 5 Sternen

~~Irene wächst als uneheliches Kind in einem Wasenhaus auf und wird als fünfzehnjährige völlig unerwartet von Wilhelm Gerban, einem deutschen Weinhändler mit Firmensitz in einer elsässischen Kleinstadt, als Dienstmagd eingestellt. Neben Pauline, der französischen Ehefrau von Wilhelm zählt noch der ebenfalls 15jährige Franz, ebenfalls französischer Staatsbürger, sowie die um einige Jahre jüngere Mathilde zur Familie Gerban. Pauline und Franz sind Irene wohl gesonnen, Mathilde lässt Irene immer wieder sehr deutlich ihre Stellung im Hause spüren und Wilhelm Gerban entpuppt sich im Laufe der Geschichte als niederträchtiger und intriganter Hausherr, unter dem alle Familienmitglieder, mit Ausnahme von Mathilde, und Irene sehr leiden müssen.
Franz und Irene kommen sich näher, doch der deutsch-französische Krieg zerstört ihre Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Franz gelingt es durch glückliche Fügungen, den Dienst mit der Waffe aufzugeben und erlebt stattdessen als französischer Sanitäter die wirklichen Schrecken des Krieges. Allerdings bleibt auch für ihn der Krieg nicht ohne persönliche Folgen, da er ein Bein verliert. Nach der Rückkehr in sein Elternhaus muss er jedoch feststellen, dass Irene spurlos verschwunden ist und sich seine Mutter in einer psychiatrischen Einrichtung aufhält.
Irene hat den Krieg unbeschadet überstanden, erwartet jedoch ein Kind von Franz. Dies nimmt Wilhelm Gerban zum Anlass, Irene aus seinem Haushalt zu „entfernen“ und sie zu einer Abtreibung zu zwingen. Irene gelingt jedoch die Flucht und bringt weit entfernt vom Hause Gerban einen Sohn zur Welt. Vor der Geburt des Kindes nimmt sie ihrer Freundin Minna aus der gemeinsamen Zeit im Hause Gerban das Versprechen ab, Franz niemals über die Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen. Dieses Versprechen hält Minna gegenüber Franz ein und lässt ihn lediglich wissen, dass Irene aus Liebe zu ihm gegangen sei.
Der Autorin gelingt es meisterhaft, die Charaktere nicht nur der Hauptpersonen sondern auch mancher Nebenakteure so detailliert darzustellen, dass man sie bildhaft vor sich sehen kann. Wesenszüge werden glaubwürdig und überzeugend beschrieben und die Intrigen, Boshaftigkeiten und Grausamkeiten von Wilhelm und Mathilde sind erschreckend.
Aber auch die Beschreibung der Schrecken eines Krieges, sowohl im Alltag der Zivilbevölkerung als auch im Leben und Agieren der Soldaten, sowohl auf französischer wie auch auf deutscher Seite, sind nicht nur eindrucksvoll sondern auch voller Mitgefühl beschrieben, sodass sie nicht ohne Einfluss auf den Leser bleiben. Die Schilderungen bewirken, dass man die Dimension eines Krieges der heutigen Zeit nun mit anderen Augen sieht – so jedenfalls meine Erfahrung.
Ein Roman, der sich zu lesen lohnt und den ich nicht missen möchte. Gut, dass ein Folgeband erscheint, der wieder ganz andere, umso interessantere Themen, zum Inhalt haben wird.