Rezension

Eine Ehefrau zieht Bilanz

The Wife - Meg Wolitzer

The Wife
von Meg Wolitzer

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das verspricht keine angenehme Reise zu werden. Joan Castleman, Ich-Erzählerin dieses Romans, begleitet ihren Ehemann Joe nach Helsinki zur Verleihung eines renommierten Literaturpreises und hat den Entschluss gefasst, ihn zu verlassen. Natürlich möchte der Leser wissen, wie es dazu gekommen ist. Damit baut die Autorin einen Spannungsbogen auf und navigiert uns durch Höhen und Tiefen von vierzig Ehejahren.

Joan zählt zu jenen Frauen, die ihr eigenes Leben zurückstellen, um die Karriere ihrer Männer zu fördern. Der Stoff ist nicht neu, doch das Besondere an dieser Geschichte ist, wie minuziös die Erzählerin den Charakter und das Verhalten ihres Mannes auseinandernimmt. Genauso gründlich geht sie aber auch mit sich selbst ins Gericht und macht sich klar, dass sie von Anfang kein anderes Leben wollte.

Als 19-jährige Studentin war sie talentierter als ihr Literaturprofessor, den sie in einem Seminar für Kreatives Schreiben kennenlernte. Trotzdem konnte sie sich keine Karriere als Schriftstellerin vorstellen, erfreute sich an den Erfolgen ihres Mannes und Einladungen zu Verlagsparties und Preisverleihungen und ging in der Rolle als treusorgende Ehefrau und Mutter von drei Kindern auf. Doch auch ihre Opferbereitschaft und ihr Verständnis für seine Eskapaden und Affären hat ihre Grenzen.

Wolitzers bissige Seitenhiebe gegen den elitären Literaturbetrieb, der von egozentrischen Männern dominiert wird, sind einerseits ein großes Lesevergnügen, andererseits ernüchternd, wenn man bedenkt, das sie ein typisches Frauenschicksal in den Sechziger Jahren beschreibt.