Rezension

Eine faszinierende Geschichte, in der man sich gerne einen Bären aufbinden lässt

Als mir die Welt gehörte -

Als mir die Welt gehörte
von Bastian Kresser

Bewertet mit 5 Sternen

Spannende Einblicke in die Person und das Leben des Con Artist Graf Victor Lustig (1890-1947)

Mir hat die Geschichte über Victor Lustig sehr gut gefallen. Es ist sehr gut gelungen, dieser Person, die allein durch ihre dokumentierten Taten bereits fasziniert, einen fesselnden, echt wirkenden Charakter zu verleihen. Und dies, obwohl Victor Lustig immer wieder darauf hinweist, dass er den Menschen erzählt, was sie hören wollen. Man muss sich daran erinnern, dass die ganze Geschichte sowieso von A nach Z Fiktion ist und Victor Lustig in den Mund gelegt wurde. Aber ich empfand alles, was ich erfahren habe, als sehr stimmig und spannend.

Es hat mich beeindruckt, wie Victor Lustig als Kind beschlossen hat, wie er sein und leben möchte, und wie zielstrebig er dies verfolgt hat. Als Erwachsener imponierte Victor Lustig mit seinen vielen Ideen, seiner Waghalsigkeit und Wendigkeit, mit der er sich allen Situationen anpasst und sich retten kann, weil er die Ruhe bewahrt. Es war interessant zu sehen, wie er seine Betrügereien plant, umsetzt und durchzieht. Solche Typen von intelligenten Gentlemen-Verbrechern und ihre raffinierten Pläne haben grundsätzlich Charme. Allerdings wird es an einigen Stellen dennoch deutlich, dass Victor Lustig nicht ganz der ehrenvolle Gauner ist, für den er sich selbst hält oder ausgibt. Victor Lustig macht in der Geschichte zwar einen sympathischen Eindruck. Aber er erzählt die Geschichte eben selbst.

Victor Lustig hat dabei ganz klar die Hauptrolle und die anderen sind eher Statisten. Trotzdem waren auch die Abschnitt, in denen es um Al Capone geht, interessant. Man hat den Eindruck, auch in diese berühmte Person private Einblicke zu bekommen. Zudem ist spannend, wie Victor Lustig mit diesem gefährlichen Mann spricht, ihn einerseits einwickelt wie den Leser, aber auf der anderen Seite sehr vorsichtig mit ihm umgehen muss.

Als sehr positiv empfand ich die Erzählweise, weil trotz verschiedener Ebenen von Handlung und Zeit gab es nie einen Cliffhanger, kein künstliches Hochhalten der Spannung. In dieser Geschichte hatte ich immer das Gefühl, dass es Zeit ist, eine Episode zu verlassen und die nächste zu betrachten. Sie ist nach meinem Empfinden strukturell gut erzählt. Sprachlich gefällt mir der Roman auch sehr gut. Ich mag diese Schlangensätze, d.h., dass kurze Sätze durch Kommata getrennt oder eher verbunden aneinander gereiht sind. Das ergibt in manchen Situationen eine Dringlichkeit, in anderen eine Anschaulichkeit. Gestört haben mich einzelne sprachliche Fehler, die dem Lektorat unverständlicherweise durchgegangen sind.

Es gefällt mir, dass das Ende offen ist und das Schicksal von Victor Lustig unbenannt bleibt. Man hat ihn bis dahin durchaus liebgewonnen und trotz seiner Schandtaten gegönnt, dass er nochmal raus gekommen wäre.