Rezension

Eine Frauen-WG in Italien Anfang des 20. Jahrhunderts

Verzauberter April - Elizabeth von Arnim

Verzauberter April
von Elizabeth von Arnim

Bewertet mit 5 Sternen

~~1922. Mrs. Lotty Wilkins hat in einer Annonce in der Times gelesen, dass ein mittelalterliches Castello an der Mittelmeerküste in Italien für den Monat April zu mieten ist. Das geht ihr nicht mehr aus dem Kopf. Kurzerhand spricht sie ihre Bekannte Mrs. Rose Arbuthnot an, die sich in ihrer Ehe langweilt und in der Wohltätigkeit Abwechslung sucht. Über ein aufgegebenes Inserat gesellen sich Mrs. Fisher und Lady Caroline Dester zu ihnen, und gemeinsam machen sich die Damen auf, ihrem täglichen Allerlei und ihren Ehemännern für eine Weile zu entfliehen, um in Italien eine Zeitlang ihren Träumen nachzuhängen. Die vier Frauen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten haben zu Beginn ihre Schwierigkeiten miteinander, doch je länger sie unter der italienischen Sonne ihre Zeit zusammen verbringen, umso mehr öffnen sie sich und geben ihre Gedanken und Empfindungen preis. Wird sich ihr Leben nach dieser gemeinsamen Zeit verändern?
Die 1941 verstorbene Schriftstellerin Elisabeth von Arnim hat mit ihrem Buch „Verzauberter April“ einen wunderbaren und sehr unterhaltsamen historischen Gesellschaftsroman im England der 20er Jahre vorgelegt. Die Erzählsprache entspricht dem gehobenen etwas blasierten Umgangston der damaligen Zeit. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, pointiert mit viel Witz und wirkt dabei heiter und beschwingt. Er versetzt den Leser sofort in ein vergangenes Jahrhundert und lässt dabei Bilder von Damen in langen Gewändern mit Reifrock vor dem inneren Auge entstehen. Die Charaktere wurden von der Autorin mit viel Liebe zum Detail skizziert und bieten durch ihre Verschiedenartigkeit einen besonderen Genuss, sie zu beobachten und ihre Gedanken und Gefühle kennenzulernen und auch die Streitgespräche und unterschiedlichen Ansichten zu verfolgen. Lotty Wilkins ist eine eher schüchterne Frau, die sich dazu durchringt, die gottesfürchtige Rose Arbuthnot anzusprechen, weil sie von einem Urlaub ohne Ehemann träumt und eine Verbündete sucht, die diesen Traum teilt. Auch Rose langweilt sich und fühlt sich von ihrem Mann vernachlässigt, doch zu Beginn ist der Plan für sie noch recht abenteuerlich. Doch je mehr sie darüber nachdenkt, umso mehr glaubt sie, ihren Ehemann damit wieder auf sich aufmerksam zu machen, anstatt sich weiterhin in die Gottesfürchtigkeit zu flüchten. Lady Caroline ist ein Snob, die vor ihren unzähligen Verehrern fliehen möchte. Die ältliche Mrs. Fisher ist griesgrämig und geizig, vom Leben enttäuscht, aber vor allem ist sie einsam. Die Reise ist also eine gute Gelegenheit, mal in Gesellschaft zu kommen.
Elisabeth von Arnim ist eine herrliche Charakterstudie gelungen, die die verschiedenen Eigenarten ihrer Protagonistinnen aufzeigt ebenso wie die gesellschaftlichen Unterschiede. Am Ende sind es aber doch die gleichen Träume und Gedanken, die die vier miteinander teilen und die Handlung so lebendig erscheinen lassen.
„Verzauberter April“ ist eine wunderbare warmherzige Unterhaltung, bei der man sich selbst wie im Urlaub fühlt. Absolute Leseempfehlung für einen Klassiker!