Rezension

Eine Geschichte aus dem Tornedal, dem hohen Norden von Schweden

Der Mann, der starb wie ein Lachs - Mikael Niemi

Der Mann, der starb wie ein Lachs
von Mikael Niemi

Zum Inhalt: Therese Fosness, eine junge Polizistin aus Stockholm, wird zur Auflösung eines Falls in die nördliche Grenzregion zwischen Schweden und Finnland, das Tornedal, geschickt. Hier wurde der 89-jährige Martin Udde ermordet in seinem Bett aufgefunden, mit einer Hechtgabel aufgespiest und barbarisch ausgeweidet. Um den Fall aufzulösen, muss Therese nicht nur die Fakten rund um den Mord an Martin Udde verstehen und klären, inwiefern ein in der Gegend ebenfalls marodierendes Trickbetrüger-Pärchen mit dem Fall zu tun haben könnte – noch schwieriger ist es, die eigenwilligen Einwohner des Tornedal, ihre Lebensweisen und Einstellungen zu verstehen. Während sie dies versucht, kommt sie dem zunächst Hauptverdächtigen Esaias Vanhakoski immer näher, was die Auflösung des Falls nicht gerade erleichtert und Grenzen verschwimmen lässt…

Eigene Meinung: Titel und Klappentext hatten mich zunächst etwas auf eine falsche Fährte gelockt – ich hatte mit einem Krimi gerechnet, als ich das Buch zu lesen begann. Während der Hauptplot auch eindeutig kriminalistische Elemente enthält und das Buch vordergründig um die Auflösung des Mordes an Martin Udde geht, wurde mir beim Lesen jedoch schnell klar, dass der Schwerpunkt des Buches eindeutig nicht auf diesem Aspekt liegt. Das zentrale Thema des Buches ist vielmehr die Region Tornedal, aus der der Autor Mikael Niemi selbst auch stammt. Das zentrale Thema des Buches ist die Zerrissenheit der Menschen im schwedischen Tornedal, die zwischen der Verbundenheit zu ihrer Muttersprache und ihrer Kultur und dem Gefühl, als minderwertig, als Menschen, die keine echten Schweden sind, aber auch nur ein unzulängliches Finnisch sprechen, hin und her schwanken.

Der Leser erfährt einiges über den Ursprung der Sprache und die Geschichte derer, die sie ihre Muttersprache nennen, ihre Verbreitung und ihre Beeinflussung durch das Schwedische – mitunter mehr, als ein Leser, der keinen besonderen Bezug zu dieser nördlichen Region hat, unbedingt wissen möchte, muss ich leider sagen.

Das Buch enthält somit Aspekte ganz unterschiedlicher Literaturformen: einerseits ganz klar der kriminalistische Teil, in dem es um die Aufklärung des Mordes an Martin Udde geht; daneben aber auch, wenn nicht sogar hauptsächlich, eindeutig belletristische Anteile, die mehr im Stile eines klassischen Romans gehalten sind und ausführlichen Einblick in die recht komplexe Persönlichkeit der Protagonistin Therese Fossnes und einiger anderer Charaktere geben. Immer wieder ist der Text durchzogen von Passagen, die durch Zuhilfenahme von phantastischen und philosophischen Elementen Einblick in die Innenwelt unterschiedlicher Charaktere geben –nicht immer jedoch werden diese Aspekte jemals später im Buch wieder aufgegriffen und hängen dadurch mitunter wie Fremdkörper im luftleeren Raum.

Die ausführlichen Abschnitte über die Muttersprache der Tornedalschweden wiederum mitsamt der zugehörigen historischen Bezüge erinnern bislang an die gründlichen Schilderungen eines Sachbuchs. In einigen Passagen habe ich mich hier dabei ertappt, dass ich seitenweise den Inhalt nur überflogen, nicht wirklich gelesen habe, was mir äußerst selten passiert.

Mit keinem der Charaktere bin ich  warm geworden. Sowohl die Protagonistin Therese Fossnes als auch der zunächst Verdächtige Esaias Vanhakoski sind sehr  komplexe Charaktere, deren Persönlichkeit und Handeln für mich häufig nicht nachvollziehbar waren  und mir dadurch sehr fremd geblieben sind.

Das Ende war positiv ausgedrückt überraschend – was aber hauptsächlich daran lag, dass die hastig auf der vorletzten Seite eintretende Auflösung des Falls ziemlich an den Haaren herbeigezogen ist. Andere Aspekte des Buches, die im Verlauf der Geschichte immer wieder angedeutet werden, blieben jedoch ungelöst und somit wie ein unverbundenes loses Ende in der Luft hängen. Leider enttäuschend!